Moskau hebt Notstand auf + Ermittlungen gegen Prigoschin vielleicht doch nicht eingestellt

Moskau hebt Notstand auf + Ermittlungen gegen Prigoschin vielleicht doch nicht eingestellt
Nach dem Wagner-Aufstand unterstreicht Putin außerdem, dem Krieg in der Ukraine höchste Aufmerksamkeit zu widmen.

Tag 488 nach dem russischen Angriff auf die Ukraine: 

Nach dem Ende des bewaffneten Söldner-Aufstands in Russland ist in der Hauptstadt Moskau der Anti-Terror-Notstand wieder aufgehoben worden. "Alle Beschränkungen werden zurückgenommen", schrieb Moskaus Bürgermeister Sergej Sobjanin am Montag auf seinem Telegram-Kanal. Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu hat der Nachrichtenagentur RIA Nowosti zufolge an der Ukraine-Invasion beteiligte Truppen besucht.

"Alle Beschränkungen werden zurückgenommen“, schrieb Sobjanin am Montag auf seinem Telegram-Kanal. Er dankte den Bürgern der Stadt für ihre „Ruhe und ihr Verständnis".

Die wegen der chaotischen Lage verschobenen Abschlussfeiern für Schüler würden am Samstag nachgeholt. Aufgehoben wurde der Anti-Terror-Notstand auch im Moskauer Gebiet sowie in der südlicher gelegenen Region Woronesch. Das Nationale Anti-Terror-Komitee erklärte, die Lage im Land sei "stabil".

Weiters in diesem Artikel:

  • Ermittlungen gegen Prigoschin doch nicht eingestellt?
  • Putin: Volle Konzentration auf Ukraine-Krieg
  • Wagner-Vormarsch war "ein Anfang"
  • Schäden nach Wagner-Aufmarsch
  • Selenskij: Krieg kehrt nach Russland zurück
  • Selenskij warnt vor Sabotage des AKW Saporischschja
  • Luftangriffe auf Hafenstadt Odessa - Alarm in Kiew
  • Russische Angriffe in Region Saporischschja

Ermittlungen gegen Prigoschin doch nicht eingestellt?

Gegen Söldner-Chef Jewgeni Prigoschin laufen einem Zeitungsbericht zufolge weiter Ermittlungen des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB. Es sei noch keine Zeit gewesen, in dem Fall die Statusmeldung zu ändern, berichtet die russische Zeitung Kommersant unter Berufung auf einen anonymen Informanten.

Die strafrechtlichen Ermittlungen wegen des Vorwurfs des bewaffneten Aufstands waren am Freitag eingeleitet worden, als Prigoschin den Kämpfern seiner Wagner-Truppe den Marsch auf Moskau anordnete. In einer überraschenden Kehrtwende brach der Söldner-Chef das Vorhaben am Samstag ab.

Laut dem russischen Präsidialamt wurde Prigoschin für sich selbst und seine Kämpfer Straffreiheit zugesichert. Prigoschin sollte demnach nach Belarus ins Exil gehen. Über seinen Verbleib sind aktuell keine Informationen bekannt.

Putin: Volle Konzentration auf Ukraine-Krieg

Kreml-Chef Wladimir Putin signalisiert nach dem Ende des bewaffneten Aufstands der Söldner-Gruppe Wagner volle Konzentration auf den Ukraine-Krieg.

Die "militärische Spezialoperation" habe höchste Priorität, sagte Putin am Sonntag in einem Interview, das vom TV-Sender Rossija am Sonntag gesendet wurde. "Ich beginne und beende meinen Tag damit", betonte er. 

Mehr lesen Sie hier: Warum hat Prigoschin seine Soldaten zurückgepfiffen? Fragen & Antworten

    Putin zeigte sich zuversichtlich, alle Pläne und Aufgaben im Zusammenhang mit der Militäroperation in der Ukraine umzusetzen. 

    Wagner-Vormarsch war "ein Anfang"

    Die russische Friedensnobelpreisträgerin Irina Scherbakowa sieht in den Entwicklungen rund um den Vormarsch der Wagner-Söldner in Russland einen "Anfang". Man habe "zum 1. Mal" gesehen, "wie die Machtvertikale schwach ist", sagte die Menschenrechtsexpertin im Ö1-Morgenjournal am Montag.

    Es sei ein "deutliches Signal, dass es große Risse" in Russland gebe.

    Mehr lesen Sie hier: Ein Putschversuch in 36 Stunden: Chronik eines Kurzaufstands

    Der russische Präsident habe am Samstag "eine Panikrede" gehalten. Er habe damit "diese Geschichte zu einem wirklichen Aufstand aufgeputscht". Söldnerchef Prigoschin habe gewusst, dass er den Kreml nicht einnehmen könne. "Seine Absicht war Erpressung, Drohung, weil ihm die Macht entgleitet" und es "deutliche Niederlagen" an der Front in der Ukraine gegeben habe.

    Viele Russen sähen Prigoschin als "Kriminellen", hätten aber mit seinen kritischen Aussagen über die russische Militärführung übereingestimmt. Der Krieg in der Ukraine und die damit zusammenhängenden Gefahren würde nun "endlich" von den Menschen wahrgenommen. "Bis jetzt hatten wir das Gefühl, dass viele Russen einfach wegschauen", sagte Scherbakowa.

    Schäden nach Wagner-Aufmarsch

    Bei dem Vormarsch der aufständischen Wagner-Söldner sind nach Angaben der Behörden Häuser und Straßen beschädigt worden. In der Region Woronesch seien 19 Häuser in dem Dorf Elisawetowka durch ein Feuergefecht beschädigt worden, teilte der Chef der Bezirksverwaltung, Maxim Jantsow, am Sonntag im Messengerdienst Telegram mit.

    Demnach kam es in der Nähe des Dorfes "während des Durchzugs einer Wagner-Kolonne zu Zusammenstößen" mit der regulären russischen Armee.

    In der südlichen Stadt Rostow am Don, in der Wagner-Kämpfer am Samstag ein Militär-Hauptquartier besetzt hatten, beschädigten Panzer Fahrbahnen auf einer Fläche von mehr als 10.000 Quadratmetern, wie Bürgermeister Alexej Logwinenko in Online-Netzwerken mitteilte. 

    Die Angaben zur Zahl der Todesopfer schwankten zwischen 13 und mehr als 20 Soldaten, wie das unabhängige Internetportal currenttime am Sonntag berichtete. Insgesamt seien von der Privatarmee des Geschäftsmanns Jewgeni Prigoschin sechs Hubschrauber und ein Aufklärungsflugzeug abgeschossen worden, hieß es von den Bloggern.

    Unter den abgeschossenen Helikoptern seien auch drei für die elektronische Kampfführung genutzte Mi-8, an denen es an der Front ohnehin mangele, klagte der Militärblog Rybar. Zudem sei ein Transportflugzeug vom Typ Il-18 zum Absturz gebracht worden an dessen Bord eine Kommandostelle eingerichtet gewesen sei Alle Crewmitglieder seien ums Leben gekommen.

    Die Verluste der Luftwaffe seien damit höher als während der ukrainischen Gegenoffensive an der Front.

     

    Selenskij: Krieg kehrt nach Russland zurück

    Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine richtet nach Meinung der Führung in Kiew inzwischen immer mehr Schaden in Russland selbst an. Es sei erkennbar, "dass der Krieg in seinen Heimathafen zurückkehrt", sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij am Sonntag in seiner abendlichen Videobotschaft.

    Es blieb unklar, ob er damit die wirtschaftlichen Probleme Russlands oder den kurzzeitigen Aufstand der Wagner-Söldner vom Wochenende meinte. "Je länger die russische Aggression anhält, desto mehr Schaden richtet sie in Russland selbst an", sagte Selenskij.

    Selenskij warnt vor Sabotage des AKW Saporischschja

    Der ukrainische Staatschef warnte vor Sicherheitsrisiken rund um das von russischen Kräften kontrollierte Kernkraftwerk Saporischschja, das größte in Europa. "Leider ist die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit für die bestehende russische Bedrohung im Kernkraftwerk Saporischschja immer noch unzureichend", klagte Selenskij.

    Die westlichen Partner der Ukraine hätten alle verfügbaren Geheimdienstinformationen über die russischen Pläne für das AKW erhalten. "Wir müssen ganz konkrete Maßnahmen ergreifen, und zwar alle gemeinsam in der Welt, um jegliche Strahlungsvorfälle zu verhindern", warnte er mit Blick auf eine mögliche Sabotage der Anlage durch die russischen Besatzer.

    Luftangriffe auf Hafenstadt Odessa - Alarm in Kiew

    Die südukrainische Hafenstadt Odessa wurde in der Nacht zum Montag mit Raketen und sogenannten Kamikaze-Drohnen angegriffen. In der Stadt seien mehrere Explosionen zu hören gewesen, berichtete die ukrainische Nachrichtenagentur Ukrinform. Weitere Angaben wurden nicht gemacht.

    Auch in der Hauptstadt Kiew und anderen Regionen des Landes wurde Luftalarm ausgelöst. Kurz zuvor hatte die ukrainische Luftwaffe vor möglichen russischen Angriffen mit - von Schiffen im Schwarzen Meer abgeschossenen - Marschflugkörpern gewarnt.

    Russische Angriffe in Region Saporischschja

    Russische Truppen haben in der zentralukrainischen Region Saporischschja eine Reihe von Angriffen mit unterschiedlichen Waffensystemen geführt. Nach Angaben des ukrainischen Generalstabs vom Montagmorgen wurden unter anderem mindestens sechs modifizierte Flugabwehrraketen vom Typ S-300 eingesetzt. Daneben seien seit Sonntag 33 Luftangriffe und 45 Angriffe aus Mehrfachraketenwerfern registriert worden.

    "Infolge der russischen Terroranschläge wurden Zivilisten verletzt und Wohnhäuser, Geschäfts- und Verwaltungsgebäude sowie Privatfahrzeuge beschädigt", heißt es im neuesten Lagebericht. Die Angaben konnten nicht unabhängig überprüft werden.

    Russische Truppen versuchten dem Generalstab zufolge in der Region südlich von Saporischschja den Vorstoß ukrainischer Einheiten zu stoppen und verlorene Stellungen zurückzuerobern. Dabei seien mindestens 30 Siedlungen von russischer Artillerie beschossen worden.

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