Putin: NATO wird in Asien zur Sicherheitsbedrohung für Russland

Wladimir Putin
Der russische Präsident warnt Südkorea vor Waffenlieferungen an die Ukraine.

Russlands Präsident Wladimir Putin hat der NATO am Donnerstag vorgeworfen, in Asien eine Sicherheitsbedrohung für sein Land und andere asiatische Staaten zu schaffen. "Wir sehen, was in Asien geschieht: Es wird ein System von Blöcken aufgebaut", sagte Putin in Vietnam zum Abschluss seiner zweitägigen Asienreise. Die NATO ziehe nach Asien, als sei es "ein ständiger Wohnsitz". Südkorea warnte Putin vor Waffenlieferungen an die Ukraine.

Putin spricht von Bedrohung

"Das stellt natürlich eine Bedrohung für alle Länder der Region dar, einschließlich der Russischen Föderation", ergänzte Putin seine Asien-Einschätzung. "Wir sind verpflichtet, darauf zu reagieren, und werden dies tun." Eine Stellungnahme der NATO lag zunächst nicht vor.

Die USA haben die NATO mit Hinweis auf die zunehmenden militärischen Fähigkeiten Chinas dazu gedrängt, Verbindungen zu Staaten wie Japan, Südkorea, Australien und Neuseeland aufzubauen. Putin hatte vor Vietnam Nordkorea besucht. Dort unterzeichnete er ein Verteidigungsabkommen.

Putin begründete mögliche Änderungen der russischen Atomdoktrin mit einer angeblich niedrigeren Hemmschwelle westlicher Staaten beim Einsatz von Atomwaffen. "Speziell werden atomare Bomben mit geringer Sprengkraft entwickelt", sagte der Kremlchef am Donnerstag. Westliche Experten sähen in der Nutzung solch sogenannter Mini-Nukes nichts Schlimmes, wie Russland erkannt habe. "Damit hängt auch meine Erklärung darüber zusammen, dass wir über mögliche Veränderungen in unserer Strategie nachdenken."

Russland hat vor mehr als zwei Jahren seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen. Im Zuge dessen kamen aus Moskau immer wieder Drohungen über einen möglichen Einsatz von Atomwaffen bei einer Einmischung des Westens in den Konflikt.

Die bisher gültige russische Atomdoktrin besagt, dass Moskau nur in zwei Fällen Atomwaffen verwenden darf: im Falle eines atomaren Angriffs auf Russland oder wenn ein Angriff mit konventionellen Waffen die Existenz des Landes gefährdet. Die vage Definition hat einige Hardliner dazu bewegt, den Kreml zu einer Verschärfung der Doktrin zu drängen, um den Westen zu nötigen, die Warnungen ernster zu nehmen.

Der russische Präsident drohte indes Südkorea im Fall von Waffenlieferungen an die Ukraine mit schweren Konsequenzen. Solche Lieferungen an Kiew wären ein "schwerer Fehler", sagte der Kremlchef. "Wenn das passiert, dann werden wir entsprechende Entscheidungen treffen, die der heutigen Führung von Südkorea kaum gefallen werden."

Die Regierung in Seoul hatte zuvor das Abkommen über eine strategische Partnerschaft zwischen Moskau und Pjöngjang als Verstoß gegen UNO-Sanktionen verurteilt und angedeutet, ihre bisher ablehnende Haltung zu Waffenlieferungen für Kiew zu überdenken.

Atomwaffenprogramm

Das von Machthaber Kim Jong-un regierte Nordkorea ist wegen seines Atomwaffenprogramms mit weitreichenden UNO-Sanktionen und Einfuhrverboten belegt, die unter anderem auch den Handel mit Waffen oder die Weitergabe von Militärtechnologien an das Land betreffen. Bei einem Staatsbesuch in Pjöngjang am Mittwoch hatte Putin mit Kim ein neues Partnerschaftsabkommen unterzeichnet, das auch einen gegenseitigen Beistand im Kriegsfall vorsieht.

Putin nannte Bedenken Seouls bei einer Pressekonferenz in Hanoi unbegründet. Südkorea hätte von dem Partnerschafts- und Beistandsabkommen zwischen Russland und Nordkorea nichts zu befürchten, da der Pakt nur greife, wenn eins der beiden Länder von einem Drittstaat angegriffen würde. "Soweit mir bekannt ist, plant die Republik Korea keine Aggression" gegenüber Nordkorea, sagte er. Das bedeute, "dass es keine Notwendigkeit gibt, unsere Zusammenarbeit zu fürchten". Auch in der Ukraine werde er keine nordkoreanischen Soldaten einsetzen, versicherte Putin.

Allerdings drohte der 71-Jährige damit, Präzisionswaffen an Nordkorea zu liefern. Dies sei eine mögliche Antwort auf die westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine, sagte er. Der Westen tue so, als ob er trotz seiner Waffenlieferungen nicht mit Russland kämpfe. Die Nutzung seiner Waffen durch Kiew kontrolliere er angeblich nicht. Im Gegenzug könne aber auch Russland seine Rüstungsgüter in andere Weltregionen verfrachten und sich nicht weiter darum kümmern, wie diese angewendet würden, sagte Putin.

USA schicken hochrangigen Diplomaten nach Vietnam

Nach dem Besuch von Russlands Präsident Wladimir Putin in Hanoi hat die US-Regierung eine Reise eines hochrangigen Diplomaten nach Vietnam angekündigt. Staatssekretär Daniel Kritenbrink werde am Freitag und Samstag unter anderem "die Unterstützung der USA für ein starkes, unabhängiges, widerstandsfähiges und wohlhabendes Vietnam bekräftigen", teilte das Außenministerium in Washington am Donnerstag mit.

Der ehemalige US-Botschafter in dem kommunistischen Land werde "das starke US-Engagement für die Umsetzung der umfassenden strategischen Partnerschaft zwischen den USA und Vietnam" unterstreichen.

Putins Besuch in Asien

Putin war in der Nacht auf Donnerstag nach einem Besuch in Nordkorea in Vietnam angekommen. Er wurde mit einem 21-Schuss-Salut geehrt, von kommunistischen Führern des Landes umarmt und gelobt, und es wurden Verträge etwa zu Energie-Themen unterzeichnet. Putin sprach vom Wunsch, eine "verlässliche Sicherheitsarchitektur" in der Region aufzubauen. Vietnams Gastfreundschaft wurde von den USA und der EU kritisiert. US-Finanzministerin Janet Yellen sagte allerdings am Donnerstag in Atlanta, die Partnerschaft mit Vietnam erfordere nicht, dass die Regierung in Hanoi ihre Beziehungen zu Russland oder China kappe.

Unklar blieb zunächst, wie Putins Besuch sich auf eine anstehende, zentrale Entscheidung der US-Regierung zu den Beziehungen zu Vietnam auswirken wird: Bis zum 26. Juli soll das US-Handelsministerium entscheiden, ob Vietnam formell den Status als Marktwirtschaft erhält. Dann würden die gegenwärtigen Strafzölle auf vietnamesische Importe reduziert. Wenige Monate vor der Präsidentschafts- und Kongresswahl ist der Schritt in den USA umstritten. Während Stahlhersteller, Garnelenfischer und Imker ihn ablehnen, sind etwa Einzelhändler dafür. Die USA sind Vietnams wichtigster Exportmarkt.

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