Schon am Donnerstag waren Flüge aus Russland in jene Destinationen, wo Russen noch ohne Visa einreisen dürfen, auf Tage hinaus ausgebucht. Auch die Staus an den Landesgrenzen wuchsen am Freitag weiter an.
„Heute Morgen ist immer noch viel los, vielleicht noch mehr als gestern“, sagte am Freitag ein Sprecher des finnischen Grenzschutzes. Finnland ist der letzte EU-Nachbarstaat, in dem für Russen zumindest theoretisch noch eine Möglichkeit zur Aufnahme besteht, schon jetzt wird aber einem Großteil der Ankommenden die Einreise verweigert. Die anderen vier EU-Nachbarn Russlands – Estland, Lettland, Litauen und Polen – weisen seit Tagen alle russischen Flüchtlinge ab.
Flucht nach Südost
Ich wusste, dass ich keine Zeit habe, um in Verzweiflung zu versinken“, zitierte der britische Guardian einen 29-jährigen Russen am Donnerstagabend. Aus Angst, an der EU-Grenze im Westen abgelehnt zu werden, wollte der junge Mann im Süden des Landes nach Kasachstan fliehen: „Ich habe keine Ahnung, wann ich jemals wieder russischen Boden betreten werde.“
In den Ex-Sowjetrepubliken Kasachstan, Armenien und Georgien sind die Aussichten für die Flüchtlinge besser, dort benötigen Russen kein Visum. Vor allem aus dem Süden und Osten Russlands strömen seit Mittwochabend Tausende junge Männer die Grenzübergänge. Der kasachische Grenzschutz teilte mit, die Situation sei „unter besonderer Kontrolle“; allerdings führen vor allem russische Grenzwächter intensive Kontrollen der eigenen Staatsbürger durch, wie Augenzeugen gegenüber Reuters berichteten.
Scheinreferendum in der Ostukraine gestartet
Mit der verkündeten Teilmobilmachung sind auch in den besetzten Gebieten im Süden und Osten der Ukraine entscheidende Tage angebrochen. Von Freitag bis Dienstag wird in den Regionen Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson darüber abgestimmt, ob sie künftig Teil Russlands werden wollen. Mit dem erwarteten positiven Ausgang der Wahl dürfte Russland Rückeroberungsversuche der Ukraine in diesen Gebieten künftig als Angriffe auf russisches Staatsgebiet werten.
Die vielkritisierte Wahl gilt als Scheinreferendum, der Ablauf ist völlig unklar. So gehen in manchen Ortschaften russische Sicherheitskräfte von Haus zu Haus, um Stimmen einzusammeln. In anderen Dörfern sollen von Russland eingesetzte Verwalter erklärt haben, das Referendum sei „verpflichtend“ – wer nicht abstimmen würde, würde in weiterer Folge seine Arbeitserlaubnis verlieren.
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