Ist Putin auf der Weltbühne rehabilitiert?
Nur in Ansätzen, schließlich wird er nach wie vor per Haftbefehl als Kriegsverbrecher vom Internationalen Strafgerichtshof gesucht. Aber nicht nur in Russland zeigt sich Putin nach einer langen Phase der Isolation wieder häufig in Menschenmengen, auch international nehmen die Berührungsängste mit ihm ab. Beschleunigt hat das der Gaza-Krieg: Moskau stellt sich da an die Seite der Palästinenser, stilisiert sie und sich selbst als „Opfer des Westens“ und der USA. Damit sammelt Moskau Sympathiepunkte in der arabischen Welt und bei jenen im globalen Süden, die mit USA-Skepsis Innenpolitik machen. Auch bei den G20 ist Russland nicht mehr isoliert: Außenminister Lawrow wurde beim jüngsten Gipfel nicht mehr gemieden wie 2022, man schüttelte ihm brav die Hand; in der Abschlusserklärung wurde Russlands Krieg nicht mehr verurteilt.
In der Ukraine, die an der Seite Israels steht, nimmt man das bitter zur Kenntnis. Die Beziehungen zu nicht-westlichen Staaten hätten sich „abgekühlt“, sagte Selenskij-Berater Michajlo Podoljak kürzlich.
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Ist Russland tatsächlich stärker geworden?
Wirtschaftlich nicht. Zwar ist Russland unter den westlichen Sanktionen nicht zusammengebrochen, aber sie schnüren das Land langsam ein. Während der Militärsektor boomt, stehen andere Branchen vor dem Zusammenbruch; ins Land kommt kein frisches Investitionskapital, zugleich hat der Rubel massiv an Wert verloren. Mittlerweile nehmen die Militärausgaben ein Drittel des Budgets ein und die Reserven schmelzen: Moskaus Finanzminister gestand kürzlich ein, dass der einst voll gefüllte Wohlfahrtsfonds sich mittlerweile auf 69 Milliarden Dollar geleert hat. Derzeit plant der Kreml, 2025 die Militärausgaben massiv zu senken – wohl in der Hoffnung, dass bis dahin der US-Präsident Donald Trump heißt.
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Ist der Westen eingeknickt, wie Putin sagt?
Einknicken ist das falsche Wort. Politisch ist man aber vom Ziel, der Ukraine zu einer vollen Rückeroberung zu verhelfen, abgerückt. Militärisch wäre nur mit deutlich mehr westlichen Waffen möglich, die gibt es aber teils nicht mehr in den Arsenalen. Zudem grassiert nach wie vor die Angst, Putin könnte bei einer massiveren Aufrüstung Kiews den Atomknopf drücken.
Auch wirtschaftlich ist der Westen vorsichtig, aus Angst, die eigene Wirtschaft zu schwächen. Dass die Sanktionen verschärft oder gar nur Schlupflöcher gestopft werden, ist aus Brüssel nicht zu erwarten, schreibt Politico. 6,1 Milliarden hat Moskau allein heuer über LNG-Gas verdient, das über Drittländer nach Europa fließt – auf diese Einnahmen muss der Kreml etwa dank Blockaden aus Ungarn nicht verzichten.
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