Regimekritiker: Assad nicht bereit zu politischer Lösung

Die syrische Armee äußert in sozialen Medien Unmut über die derzeitige Lage.
In der syrischen Armee macht sich indes Kriegsmüdigkeit und Unmut breit.

Der prominente syrische Oppositionelle Luai Hussein hält die Regierung in Damaskus nicht bereit zu einer politischen Lösung für den Bürgerkrieg. "Das Regime hat sich in eine Miliz verwandelt, die nicht an einem politischen Prozess interessiert ist", sagte Hussein der Deutschen Presse-Agentur in Istanbul. "Und Bashar al-Assad ist der Führer der Miliz."

Syriens Präsident und seine Mitstreiter bräuchten keine Politik, Wirtschaft und Gesellschaft mehr, sondern nur bewaffnete Kräfte, welche immer das auch seien. Allerdings könne es sein, dass Moskau als Verbündeter Syriens vom Regime Kompromisse verlange. Die internationale Gemeinschaft - darunter die USA und Russland - hatte sich in Wien auf einen Fahrplan für eine politische Lösung des Konflikts geeinigt. Er sieht eine Übergangsregierung in sechs Monaten und Wahlen in 18 Monaten vor.

"Darüber entscheiden nur Syrer"

Assad repräsentiere in Syrien eine einflussreiche politische Gruppe, sagte Hussein weiter. "Wenn man mit dieser eine Einigung erzielen will, dann muss man Assad für eine Übergangsphase akzeptieren." Es liege nicht an ausländischen Mächten, über sein Schicksal zu entscheiden. "Darüber entscheiden nur die Syrer", sagte er.

Hussein ist Chef der syrischen Aufbaupartei und war lange einer der wichtigsten Vertreter der Opposition im Inland. Weil das Regime den Druck auf ihn erhöhte, floh er im Frühjahr jedoch nach Spanien. Sein Verhältnis zu anderen Oppositionellen im Ausland ist angespannt. Die Mehrheit der Regimekritiker will Assads sofortigen Rückzug.

Kriegsmüdigkeit macht sich breit

Indes wächst in der syrischen Armee der Unmut. Im kommenden Frühjahr geht der bewaffnete Konflikt in sein sechstes Jahr, und ein Ende ist nicht in Sicht. Die Entscheidung der Armee, viele junge Männer weit über den üblichen Wehrdienst hinaus in ihren Reihen zu behalten und weitere Männer im waffenfähigen Alter einzuziehen, sorgt in den sozialen Medien für Protest.

Im Onlinenetzwerk Facebook gibt es eine Seite mit dem Namen "Wir wollen die Armee verlassen". Dort bekräftigen die "Einberufenen des Trupps 102": "Ich habe das Recht, die Armee zu verlassen und das Recht zu leben. Wir wollen die Armee verlassen". Die jungen Soldaten versichern, dass sie seit mehr als fünf Jahren die Armeeuniform tragen. "Das Vaterland ist für uns, aber alle sind in das Ausland gegangen. Wir verlangen unsere Entlassung und werden als Widerstand bezeichnet. Dabei sind wir es, die seit fünfeinhalb Jahren standhalten. Jetzt reicht es. Jetzt sind die anderen dran, an unserer Stelle standzuhalten", betonen die Soldaten auf der Seite, die 3.400 Mitglieder zählt.

Tausende Soldaten getötet

Die syrische Armee ist laut Experten auf die Hälfte geschmolzen: Tausende Soldaten starben oder desertierten. Mehr als 91.000 Mitglieder der Regierungskräfte, darunter 52.000 Soldaten, wurden seit Beginn des Konflikts im März 2011 getötet. Das ist mehr als ein Drittel der insgesamt 250.000 Toten des Syrienkriegs, von denen die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte ausgeht. Die in England ansässige oppositionsnahe Beobachtungsstelle bezieht ihre nur schwer überprüfbaren Informationen von einem Netzwerk aus Informanten in Syrien.

Im Juli hatte Assad eingeräumt, dass es "einen Mangel an menschlichen Ressourcen" in der Armee gebe. Er fügte bei einer Fernsehansprache hinzu, "das Problem der Streitkräfte ist nicht die Planung, sondern die Erschöpfung." Normalerweise dauert die Wehrpflicht in Syrien zwei Jahre. Rekruten können jedoch länger zum Dienst an der Waffe verpflichtet werden, "wenn es die militärische Situation erfordert", wie aus Sicherheitskreisen verlautet.

Es ist nicht das erste Mal, dass sich Unmut unter den Anhängern Assads regt. Im September 2014 wurden laut der oppositionsnahen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte fünf Regierungsanhänger verhaftet. Sie hatten den Verteidigungsminister kritisiert, nachdem 200 Soldaten von Dschihadisten getötet worden waren.

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