Priester-Mörder war für seine Familie "unerreichbar"

Trauer um den ermordeten Priester - auch Muslime nahmen Anteil
Gespaltenes Bild. Muslime mal als Normalbürger, mal als bedrohliche Eiferer.

Über den 19 jährigen Adil K., der am Dienstag an der Ermordung eines 86 jährigen Pfarrers in der Normandie beteiligt war, sagte ein Bekannter, Foued, in einem Interview mit der Zeitung „Parisien“: „Wir hielten ihn nicht mehr aus. Als er bei einem Grillfest auftauchte, sprach er nur über Syrien. Zuletzt pumpte er alle um Geld an, und wenn man keines gab, beschimpfte er uns als Ungläubige“.

Adil sei eine „Bombe auf Beinen“ gewesen, erklärte Foued. Ein mit der Familie des Attentäters befreundeter Nachbar, Christian, erzählte: „Adils Schwester (eine angesehene Ärztin), seine Eltern und ich haben alles versucht, um ihn davon abzubringen. Aber er war unerreichbar“. Freilich nicht für alle: Adil überredete mehrere streng gläubige Muslima zu „religiöser Heirat“, die er gleich nach „Vollzug“ wieder verstieß. Einem umgarnten Mädchen drohte er online: „Ich möchte Dich vor dem Ramadan (dem islamischen Fastenmonat) heiraten. Wenn du Nein sagst, bring ich mich um“.

Warnungen der Eltern

Einer Meldung der Eltern bei den Behörden ist es zu verdanken, dass sein erster Versuch, im März 2015 zum IS nach Syrien zu gelangen, an einer Festnahme in Deutschland scheiterte. Die französische Justiz setzte auf Pädagogik und verordnete dem jungen Heimkehrer, berufsbildende Lehrgänge und Ent-Radikalisierungs-Gespräche. Adil startete aber schon im Mai 2015 seinen zweiten Trip nach Syrien und wurde in der Türkei geschnappt. Danach kam er in Frankreich in Haft. Im März 2016 wurde er aber trotz des Einspruchs der Staatsanwaltschaft aus dem Gefängnis entlassen, mit einer elektronischen Fußfessel versehen und unter Hausarrest gestellt mit Ausnahme von vier Vormittagsstunden.

Im Kontrast zu den Irrungen Adils wird deutlich, wie sehr sich seine Familie und sein franko-maghrebinischer Umkreis in die offene Gesellschaft einordneten. Das gilt für die allermeisten Muslime Frankreichs.

Priester-Mörder war für seine Familie "unerreichbar"
French CRS police stand guard in front of the church a day after a hostage-taking in Saint-Etienne-du-Rouvray near Rouen in Normandy, France, where French priest, Father Jacques Hamel, was killed with a knife and another hostage seriously wounded in an attack on the church that was carried out by assailants linked to Islamic State, July 27, 2016. REUTERS/Pascal Rossignol

Belastetes Zusammenleben

Aber gleichzeitig hat die abscheuliche Hinrichtung eines Pfarrers im Namen des „Islamischen Staats“ (IS) Reibungspunkte zum Vorschein gebracht, die stellenweise das Zusammenleben belasten. Da geht es nicht um Terror, aber um anhaltenden Druck, den Muslime in einigen Vierteln ausüben können. Eine katholische Sozialaktivisten, die früher ganz selbstverständlich konfessionsübergreifend tätig war, erzählt, wie sie misstrauisch wurde: „Wir mussten Kinder christlicher afrikanischer Eltern aus einer Schule in eine andere bringen, weil sie dort, wo sie ursprünglich waren, von der muslimischen Mehrheit ständig bedrängt wurden, sich zu bekehren, und es deswegen immer wieder zu Tätlichkeiten gegen sie kam.“

Ein katholischer Geistlicher aus einer Pariser Vorstadt konstatiert: „Die Kinder, die hier den Koran-Unterricht in Moscheen besuchen, sagen unseren Kindern, sie würden in der Hölle landen.“ Und die Chefredakteurin der liberalen katholischen Tageszeitung „La Croix“, Isabelle de Gaulmyn, ortet „Nachholbedarf bei Muslimen in Sachen religiöse Pluralität“.

Freilich steht den schwer quantifizierbaren Erfahrungen mit muslimischen Eiferern die Tatsache gegenüber, dass Muslime bei Job- oder Wohnungssuche oft Diskriminierungen und bei Polizeikontrollen manchmal Demütigungen und Übergriffe erleiden. Die Terror-Ideologen des „IS“ zielen darauf, diese Bruchlinien in einen unüberwindlichen und gefährlichen Frontverlauf zu verwandeln.

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