Frankreich: Triumph des Linken Hamon bei SP-Vorwahlen

Benoit Hamon profitiert vor allem von Hollandes Schwäche.
Radikaler Machtwechsel in der SP und Skandal um Konservativen Fillon erschüttern bisherige Parteienlandschaft.

83 Tage vor dem ersten Durchgang der Präsidentenwahlen gerät Frankreichs bisherige Polit-Landschaft aus den Fugen. Bei den sozialistischen Vorwahlen am Sonntag wurde der weit links stehende und ökologisch ausgerichtete Benoit Hamon mit breiter Mehrheit zum Präsidentschaftskandidaten gekürt. Die Niederlage des rechts-sozialdemokratischen Ex-Premier Manuel Valls ist eine Absage an dessen pragmatischen Regierungskurs. Hamon hatte zu den erbitterten Gegnern der Arbeitsmarkt-Reform der SP-Regierung gezählt. Obwohl sich Hamon und seine Rivalen am Wahlabend versöhnlich gaben, droht der SP eine Spaltung. Ein Teil des pragmatischen SP-Flügels könnte sich dem liberal-sozialen Präsidentschaftskandidaten Emmanuel Macron anschließen.

Gleichzeitig macht sich Panik im Lager des konservativen Kandidaten Francois Fillon breit. Fillon, der die bürgerlichen Vorwahlen überlegen gewonnen hatte, versinkt in einen Affärenstrudel: seine Frau kassierte bei Gefälligkeitsanstellungen und ohne sichtbare Leistung, als seine Parlamentsassistentin und später als Redakteurin bei einem befreundeten Verleger, insgesamt 600.000 Euro. Eine Erhebung der Justiz ist im Gange. Obendrein soll Fillon als Senator Gelder abgezweigt haben.

Nutznießer eines Debakels von Fillon wären Macron und die Nationalistin Marine Le Pen, die sich in der Stichwahl um das Präsidentenamt im Mai gegenüberstehen könnten. Dabei sind auch die beiden nicht unbelastet.

Das EU-Parlament verlangt von Le Pen die Rückerstattung von 300.000 Euro, die sie für die Bezahlung ihrer EU-Parlamentsassistentin bezog. Letztere übte in Wirklichkeit einen anderen Politjob in Paris aus. Außerdem läuft gegen sie ein Verfahren wegen gefälschter Wahlausgaben. Macron steht im Verdacht, als vormaliger Wirtschaftsminister sein amtliches Repräsentationsbudget für seine Wahlbewegung ausgeschöpft zu haben.

Der 49 jährige Linkssozialist Hamon ist zwar bisher von keinen Affären betroffen, im Wettkampf um das Präsidentenamt wird ihm aber seitens Pariser Kommentatoren trotzdem keine Chance eingeräumt. In seinem jetzigen Erfolg sehen sie vor allem ein symbolisches Aufbäumen der linken Parteibasis gegen den Zentrumskurs von Präsident Francois Hollande.

Allerdings wird Hamon zugebilligt, er habe durch seinen spektakulärsten Programmpunkt, nämlich die stufenweise Einführung eines bedingungslosen Grundgehalts von 750 Euro für alle, eine zukunftsträchtige Debatte losgetreten. Lob kommt dafür auch von wirtschaftsliberaler Seite: diese Kreise sehen im Grundgehalt allerdings eine vereinfachende Alternative zu allen bisherigen Sozialleistungen, während Hamon seinen Vorschlag als zusätzliche Säule der Sozialversicherung versteht. Zur Finanzierung will Hamon unter anderem eine Maschinensteuer heranziehen und den Defizit-Abbau kippen.

Für den SP-Pragmatiker Valls sind diese Vorschläge „Träume“ mit „maßlosen Kosten“. Aber radikale Ansätze scheinen jetzt, links und rechts, mobilisierend zu wirken. So hat sich außerhalb der SP ein weiterer linksalternativer Kandidat, Jean-Luc Melenchon, etabliert. Käme es zum Bündnis zwischen Hamon und Melenchon, wäre auch eine Stichwahl zwischen einem Linksaußen-Kandidaten und der rechtsrechten Le Pen denkbar.

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