Präsident beleidigt: Ukrainischer Premier tritt nach Tonbandleak zurück

Präsident beleidigt: Ukrainischer Premier tritt nach Tonbandleak zurück
Gontscharuk ist offenbar über einen Mitschnitt gestolpert, in dem er dem er Präsident Selenskij mangelnde Wirtschaftskompetenz unterstellt.

Der ukrainische Premier Oleksij Gontscharuk hat seinen Rücktritt eingereicht. Vorangegangen ist dem eine Tonbandaffäre - in einem geleakten Mitschnitt ist zu hören, wie Gontscharuk den neuen ukrainischen Präsidenten Wolodymir Selenskij unterstellt, nur ein "primitives Verständnis" von Wirtschaft und Währungspolitik zu haben.

Der Staatschef habe das Recht auf ein loyales Team, schrieb Gontscharuk bei Facebook. „Um jedwede Zweifel meiner Wertschätzung und meines Vertrauens gegenüber dem Präsidenten auszuräumen, habe ich eine Rücktrittserklärung geschrieben und sie dem Präsidenten übergeben“, teilte der Regierungschef am Freitag mit. Gontscharuk ist erst seit Ende August vergangenen Jahres im Amt. Der 35-jährige Jurist war der jüngste Regierungschef in der neueren Geschichte der Ukraine. Gontscharuk wurde unter Präsident Wolodymyr Selenskyj zum stellvertretenden Leiter des Präsidentenbüros ernannt, zuvor unterstütze er noch Vorgängerpräsident Petro Poroschenko.

"Primitives Verständnis"

In dem Tonbandmitschnitt, der von Mitte Dezember stammt, ist ein informelles Treffen Gontscharuks mit Ministern und Beamten der Nationalbank zu hören. Gesprochen wird darüber, wie man dem neuen Präsidenten Selenskij die Schwankungen der ukrainischen Währung Griwna verständlich machen kann. Gontscharuk soll da ausführen, dass man dem Präsidenten - er war zuvor Komiker und Schauspieler - die Umstände sehr simpel erklären müsse, da er nur ein "primitives Verständnis" von Wirtschaft habe. Dem fügt er allerdings hinzu, dass er selbst auch nur ein "Dummkopf" in solchen Dingen sei.

Ob der Mitschnitt, der am Mittwoch gelakt wurde, tatsächlich echt ist, wurde von Gontscharuk weder bestätigt noch dementiert. Auch Selenskij hat sich nicht dazu geäußert. In dem heutigen Facebook-Posting beteuerte Gontscharuk, dass unter dem Präsidenten viel erreicht worden sei. „Er ist für mich ein Beispiel an Offenheit und Transparenz.“ Er sei angetreten, um das Programm Selenskyjs umzusetzen.

Selenskyjs Büro teilte mit, dass das Rücktrittsschreiben geprüft werde. Der Präsident muss das Gesuch noch dem Parlament zur Abstimmung vorlegen. Ob der Rücktritt die erforderliche Mehrheit von 226 Stimmen findet, gilt allerdings als ungewiss.
 

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