Portugal: Warum der katholische Weltjugendtag für viel Kritik sorgt
„Weg der Schande“ nannte der portugiesische Straßenkünstler Bordalo II eines seiner neuesten Werke, mit dem er kürzlich für Aufregung sorgte. Er rollte einen langen Teppich aus, mit dem Motiv von 500-Euro-Scheinen bedruckt – auf der sogenannten Papst-Bühne im Tejo-Park in Lissabon.
Damit kritisierte er kurz vor Beginn des katholischen Weltjugendtags, der am Dienstag startete und noch bis Sonntag dauert, die katholische Kirche sowie Portugals Regierung. Denn nicht alle Portugiesen freuen sich über das Treffen, bei dem 1,2 Million Teilnehmer aus aller Welt erwartet wurden.
Viele sind der Meinung, man hätte die mindestens 70 Millionen Euro, welche die Regierung zusammen mit den Stadtverwaltungen von Lissabon und dem benachbarten Loures beigesteuert haben dürfte, lieber in leistbaren Wohnraum investieren sollen.
Noch einmal 80 Millionen Euro kommen von der Kirche. Von dem Event profitieren dürften vor allem Hoteliers und Vermieter von Airbnb-Wohnungen. Zahlreiche Straßensperrungen sowie die Entfernung von Obdachlosen aus dem Straßenbild sorgen zusätzlich für Unmut.
Papst Franziskus kommt
Ein Grund, warum es so viele junge Katholiken zu dem Treffen zieht, ist wohl die Teilnahme von Papst Franziskus. Er plante, am heutigen Mittwoch anzureisen und in Lissabon rund 20 Treffen abzuhalten sowie elf Reden zu halten. Thematisch soll es dabei vor allem um den Krieg in der Ukraine, den Klimawandel sowie soziale Gerechtigkeit gehen. Dass der Pontifex kommen kann, war keineswegs gesichert, musste sich der 86-Jährige doch erst im Juni einer Operation am Bauch unterziehen. Bei der Reise nach Lissabon handelt es sich um seinen ersten Auslandstrip seit dem Eingriff.
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Für die Abschlussmesse von Franziskus, der immer mal wieder zu Bescheidenheit aufruft, sollten ursprünglich fünf Millionen Euro ausgegeben werden. Doch die Portugiesen protestierten, mit Erfolg: Die Höhe der Bühne wurde von neun auf vier Meter gekürzt, die maximale Personenanzahl bei der Messe von 2.000 auf rund 1.200 reduziert und damit die Kosten halbiert. Auch für die kommenden Tage sind Proteste zu erwarten.
Missbrauchsopfer
Zwar gehören mehr als 80 Prozent aller Portugiesen der katholischen Kirche an, die Kritik daran ist aber zuletzt gewachsen. Das hat auch mit einer im Februar veröffentlichten Studie zu tun, nach der in der portugiesischen Kirche mindestens 4.815 Kinder sexuell missbraucht wurden.
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Die Kirche begann nach Aufkommen des Berichts nur zögerlich, die Opfer zu entschädigen und gegen die Täter vorzugehen, die namentlich bekannt sind. Dass Papst Franziskus sich in den kommenden Tagen mit Missbrauchsopfern treffen will, dürfte also eine Versöhnungsgeste sein.
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