"Opportunismus“: Conte tritt zurück und rechnet mit Salvini ab
Am Ende seiner langen Rede im italienischen Senat hat der parteilose Regierungschef Giuseppe Conte angekündigt, zurückzutreten. Er werde am Ende der parlamentarischen Debatte über die Regierungskrise bei Staatspräsident Sergio Mattarella seine Demission einreichen.
Davor hat er schwere Vorwürfe gegen den rechtspopulistischen Innenminister Matteo Salvini erhoben. Salvinis Entscheidung, die Koalition aus rechter Lega und Fünf-Sterne-Bewegung aufzukündigen, sei objektiv betrachtet „schwerwiegend“ für das Land und lediglich auf persönliche Interessen zurückzuführen, sagte Conte. Er warf Salvini Verantwortungslosigkeit und „politischen Opportunismus“ vor. Salvini beweise "wenig Stabilität". Dass Salvini nach der ganzen Macht greifen wolle, habe ihn enttäuscht.
Conte sieht Mangel an Respekt vor demokratischen Regeln
Mit seinem willkürlichen Verhalten habe Salvini, der Neuwahlen anstrebt, die Arbeit der Regierung aus der Fünf-Sterne-Bewegung und der Lega unterminiert. Immer wieder habe der Lega-Chef Mangel an Respekt vor demokratischen Regeln bewiesen. Italien brauche keine Politiker "mit Vollmachten", wie es Salvini fordere, sondern Personen mit Verantwortungsbewusstsein und Sinn für die Institutionen. Immer wieder warf Conte Salvini mangelnde Kooperationsbereitschaft vor.
In seiner Ansprache listete der parteilose Conte Errungenschaften seiner Regierung aus Lega und Fünf Sterne-Bewegung in den letzten 14 Monaten auf. Mit seinem Beschluss, einen Misstrauensantrag gegen ihn einzureichen, habe Salvini de facto die Arbeit seiner eigenen Minister zunichte gemacht, kritisierte Conte.
Die Krise sei schädlich für das Land, sei die Regierungsarbeit doch schwer beeinträchtigt. Die bisherige Arbeit lobte Conte freilich in den höchsten Tönen.
Salvini saß an Contes Seite, ebenfalls Sterne-Chef Luigi Di Maio. Salvini hatte am 8. August das Regierungsbündnis in eine Krise gestürzt und eine schnelle Neuwahl gefordert. Mit seinem Rücktritt ebnet Conte den Weg zu einem Regierungswechsel oder zu Neuwahlen.
Salvini bekräftigte Forderung nach Neuwahlen
Salvini hat anschließend im Senat seine Forderung nach Neuwahlen bekräftigt. "Wir stehen im Dienst der Italiener und fürchten Neuwahlen nicht", sagte Salvini. Zugleich schloss Salvini nicht die Möglichkeit einer Fortsetzung der Zusammenarbeit mit der Fünf Sterne-Bewegung aus.
Die Regierung um den parteilosen Premier Giuseppe Conte sei zusammengebrochen, weil der Koalitionspartner Fünf-Sterne-Bewegung immer wieder Pläne seiner Lega blockiert hätten. "Monatelang habe ich mit Geduld weitergearbeitet, weil ich dem Regierungspartner Fünf Sterne vertraute", so Salvini.
Zugleich signalisierte der Innenminister Bereitschaft, mit der Fünf Sterne-Bewegung noch eine Reform zur Verkleinerung des Parlaments und das Budget für das nächste Jahr zu verabschieden, um dann den Weg zu Neuwahlen zu ebnen. Das neue Budget müsse "mutig" sein und Steuersenkungen enthalten. Damit ließ Salvini noch die Möglichkeit einer Fortsetzung der Zusammenarbeit mit dem bisherigen Koalitionspartner offen.
Proteste der Opposition
Der Innenminister, dessen Ansprache wiederholt von Protesten aus den Reihen der Opposition unterbrochen wurde, hob die Leistungen seiner Lega hervor, vor allem im Kampf gegen die illegale Migration und im Einsatz für mehr Sicherheit. Sein Ziel sei es jetzt, die Steuern zu senken, um Italien mehr Wachstum zu garantieren. Italien benötige einen "mutigen Haushaltsentwurf", mit dem der Wirtschaft mehr Schwung verliehen werden könne.
Salvini warnte vor einer neuen Regierung aus der Fünf-Sterne-Bewegung und den oppositionellen Sozialdemokraten (PD). Eine Regierung mit Ex-Premier Matteo Renzi gehöre der Vergangenheit an.
Fünf Sterne und Sozialdemokraten dementieren Verhandlungen
Die populistische Bewegung, die seit Juni 2018 mit der rechten Lega regiert hat, und die Sozialdemokraten dementierten Berichte über Verhandlungen zur Bildung einer neuen Koalition, mit der die Legislaturperiode zu Ende geführt werden soll.
Am Mittwoch will Staatschef Sergio Mattarella politische Konsultationen mit den Parteien starten, um einen Ausweg aus der Regierungskrise zu finden.
Die Chancen, dass die rechtspopulistische Lega von Innenminister Matteo Salvini und die Fünf-Sterne-Bewegung ihre Regierungskoalition fortsetzen, sind gering. Nachdem Salvini die Koalition gesprengt hat, gaben sich die "Cinque Stelle" verärgert und sprachen von Verrat. Die Partei hielt bis zuletzt an Premier Conte fest, wie Fünf Sterne-Chef Luigi Di Maio bekräftigte.
In dieser verworrenen Lage könnte Staatschef Sergio Mattarella eine entscheidende Schlichterrolle in Rom übernehmen. Auf den seit 2015 amtierenden Präsidenten kommt jetzt die Aufgabe als Krisenmanager in einer heiklen politischen Phase zu.
Die Fünf-Sterne-Bewegung ist die stärkste Einzelpartei im italienischen Parlament. Gegenüber den Parlamentswahlen im März 2018 hat die Bewegung jedoch ihre Wählerstimmen bei den EU-Wahlen im vergangenen Mai auf 17 Prozent halbiert, während sie die Lega auf 34 Prozent verdoppeln konnte.
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