In einigen Teilen des Landes, allen voran im schwer getroffen Schlesien, ist diese Grenze längst überschritten. Dort gibt es überhaupt keine Kapazitäten auf den Intensivstationen mehr. Wer immer zumindest halbwegs verlegungsfähig ist, wird in andere Teile des Landes transportiert.
Aber auch dort wird die Situation immer verzweifelter. Medien berichten von erschöpftem Personal und Krankenwägen, die vor Spitälern stundenlang warten, um überhaupt einen Platz für ihre Patienten zu bekommen. Oder sie fahren gleich Hunderte Kilometer weiter in andere Krankenhäuser. Immer mehr Notspitäler wurden und werden im Land hochgezogen, um in Containern die Menschen versorgen zu können.
Jeder Zehnte beatmet
Insgesamt wurden im 38-Millionen-Land am Donnerstag 34.864 Covid-Patienten in polnischen Krankenhäusern behandelt. Fast jeder Zehnte (exakt: 3.362) muss künstlich beatmet werden. Schon jetzt mangelt es akut an Beatmungsgeräten, dabei sind erneut nur an diesem einen Tag weitere 27.887 Neuinfektionen in Polen registriert worden. Auch in Polen ist der überwiegende Teil aller Infektionen auf die britische Variante zurückzuführen, mit immer jüngeren Patienten.
Die Sieben-Tage-Inzidenz ist mittlerweile mit 396 horrend hoch. Damit rangiert Polen weltweit auf dem 8. Platz der Negativtabelle.
Zum Vergleich: Österreichs Sieben-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwohner lag am Donnerstag bei 217.
Ungarns Gesundheitsminister der nationalkonservativen Regierung, Adam Niedzielski, hat wenig Hoffnung auf eine Verbesserung der Lage in unserem Nachbarland. Den voraussichtlichen Höhepunkt der Tragödie erwartet Niedzielski für voraussichtlich Mitte April.
"Think pink" in Ungarn
Die Regierung in Ungarn, das mit einer Inzidenz von 427 aktuell noch schlechter dasteht, gibt sich hingegen zuversichtlich. Ungarn habe eindeutig die Spitze der dritten Pandemie-Welle „überschritten“, sagte Ungarns Kanzleiminister Gergely Gulyas am Donnerstag selbstbewusst. 2,6 Millionen Ungarn sind demnach geimpft. Drei Millionen sollen es in fünf bis sechs Tagen sein. Und dann werde die Regierung in Budapest über weitere Lockerungen in der Corona-Pandemie entscheiden, sagte Gulyas vor Jounalisten in Budapest.
In Polen ist man von solchen Überlegungen meilenweit entfernt. Der Lockdown wurde verlängert. Bis vorerst 18. April bleiben jedenfalls die Schulen und Kindergärten ebenso geschlossen wie Frisure oder Kosmetiksalons.
"Covidianer"
Doch das Hauptproblem bleibt bestehen: Wer sich an die Anti-Corona-Regeln hält und Maske trägt, wird mitunter als "Covidianer" geschmäht. Viele Bürger hielten sich nicht an die Beschränkungen, hielten keinen Abstand und trügen auch zu inkosequent Masken, konstatiert nicht nur Krzystof Simon, Leiter der Abteilung für Infektionskrankheiten in einem Breslauer Spital.
Dazu kommen teils aggressive Masken-Verweigerer, "Querdenker" und Verschwörungsanhänger. Und auch bei den Impfungen geht es nicht so voran wie erhofft. Mitte März fielen in manchen Impfstationen gar bis zu 70 Prozent der Impfungen aus, weil sich die Menschen nicht mit Astra Zeneca impfen lassen wollten, berichtete die Zeit.
Russische oder chinesische Impfstoffe will die Regierung von Premier Morawiecki nur ins Land holen, wenn sie für die ganze EU zugelassen sind. Als Impfziel nannte Warschau zehn Millionen Impfungen pro Monat. Bis Ende August sollen alle Erwachsene, sie sich gegen das Coronavirus impfen lassen wollen, den Schutz erhalten haben.
Dafür, kündigte Morawiecki an, soll die bisherige Impfkampagne beschleunigt und die starre Impfreihenfolge zugunsten auch von Jüngeren gelockert werden. Auch sind mehr Impfstationen inklusive Drive-through-Stationen geben. Auch Apotheker und Physiotherapeuten soll nach einer Schulung erlaubt sein, die Spritzen zu geben.
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