"Ausländer-Maut" entzweit Merkel und Seehofer

Autos stauen sich am 22.12.2012 in München (Bayern) auf der Autobahn A99 vor dem Autobahn-Kreuz München Süd. Nach dem hohen Verkehrsaufkommen am Samstag erwartet der ADAC für den 23. und 24.12.2012 eine Entspannung auf den deutschen Autobahnen. Foto: Tobias Hase/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
Seehofers Koalitionsbedingung „Ausländermaut“ stört Merkels Beruhigungsstrategie.

Das unentschiedene TV-Duell von Kanzlerin Angela Merkel mit SPD-Herausforderer Peer Steinbrück bringt Letzterem nun doch noch einen Pluspunkt – und Merkel ein Problem: Auf seinen Vorwurf hin hatte sie klargestellt, dass es „mit mir keine Autobahnmaut für Pkw geben wird“. Es war die einzige echte News im Duell.

Denn Merkels Unions-Partner, CSU-Chef Horst Seehofer, fordert eine „Maut nur für Ausländer“ als „Bedingung für eine Koalition“. Und hält daran trotz des Versprechens der mit höchster Wahrscheinlichkeit auch künftigen Kanzlerin vor fast 18 Millionen deutschen TV-Zusehern fest.

Denn nun bekommt er sogar Unterstützung von Hessens Ministerpräsidenten Volker Bouffier, zugleich CDU-Stellvertreter Merkels. Aus Seehofers Sicht ist seine Kampagne für die Landtagswahl am 15.September plausibel: Die hochmobilen Deutschen ärgern sich über die Mautmauern an fast allen ihren Außengrenzen. Besonders groß ist der Frust in Bayern. Und da wieder über Österreich, das neuerdings für die von ihnen viel benutzten Kürzeststrecken von der Grenze zu den Ausfahrten Kufstein/Kitzbühel und Bregenz abkassiert.

Viele Gegenargumente

Die Ausländermaut würde dringend nötiges Geld für die Straßeninfrastruktur bringen, so Seehofer. Denn die bekommt nur 13 Milliarden Euro im Jahr ab von den 53 Milliarden, die Deutsche an Steuern rund ums Auto abliefern. Daher leide das deutsche Straßennetz unter einem dramatischen Investitionsstau, das größte Industrieland Europas lebe von der Substanz, klagt Seehofer.

Er lässt sich von Argumenten nicht beirren: Die EU-Kommission warnte, dass eine Maut nur für Ausländer EU-Recht verletze. Worauf er den deutschen Kfz-Steuerzahlern versprach, die Vignette „per Post“ zu schicken. Europas größter Autofahrerclub ADAC ermittelte in einer Umfrage, dass 80 Prozent der Deutschen jedes Pickerl ablehnen, und nannte es „populistisches Abkassieren“. Die Grünen warnen, dass es im Gegensatz zur Kfz-Steuer SUVs auf Kosten von Kleinwagen subventioniert.

In Berlin glaubt niemand an die Vignette: So geduldig sich Deutsche immer mehr Steuern und Gebühren aufladen lassen, hört doch beim Auto der Spaß auf. Nur in Bayern winkt Seehofer für hartnäckige Ansagen wie diese die absolute Mehrheit: „Die Maut für Ausländer kommt!“

Es war das letzte direkte Aufeinandertreffen zwischen Kanzlerin Angela Merkel und ihrem SPD-Herausforderer Peer Steinbrück vor den Wahlen: Bei der letzten Sitzung des Bundestages vor dem Urnengang am 22. September schenkten die beiden Kontrahenten einander nichts. Vor allem Steinbrück schoss rhetorisch scharf: Merkel habe in den vergangenen vier Jahren nur „angekündigt, abgewartet, ausgesessen“. Deutschland sei „unter Wert regiert worden“, giftete der SPD-Kanzlerkandidat. Merkel habe keine Projekte und keine Visionen gehabt.

Darauf konterte die Kanzlerin: Die Euro-Rettungspolitik ihrer Regierung sei sowohl von der SPD als auch von den Grünen stets lautstark kritisiert worden. Im Bundestag hätten aber beide Fraktionen sehr wohl fast immer zugestimmt.

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