Junge Parteirebellen ziehen zurück - deutsches Rentenpaket angenommen
Deutschlands Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU)
Schummeln gab es nicht – bei der mit großer Spannung erwarteten Abstimmung im deutschen Bundestag über das umstrittene Rentenpaket. Die Abstimmung erfolgte namentlich – Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) konnte so also sehen, wer der Regierungslinie folgte und wer nicht. Es gab 319 Ja-Stimmen gegen 225 Nein und 53 Enthaltungen im deutsche Parlament.
Das Pikante bei der Abstimmung: Hätten die revoltierende Junge Union, wie angedroht, geschlossen dagegen gestimmt, wäre die Regierungskoalition geplatzt. Doch nach dem wochenlangem Streit hat die Koalition in Berlin heute das Rentenpaket nun mehrheitlich beschlossen. Mit dem Ja der Abgeordneten wird das Gesetz ab Jänner wirksam.
- Worum geht es bei diesem Rentenpaket?
Seit 2019 gibt es in Deutschland ein Gesetz, wonach eine Durchschnittspension 48 Prozent des deutschen Gehalts betragen muss. Diese so genannte Haltelinie läuft Ende des Jahres aus. Deshalb sollte diese Regelung nun verlängert werden, wie die deutsche Koalition aus Union und SPD in ihrem Regierungsabkommen festgehalten hat.
- Und das hat welche Folgen?
Ohne eine Haltelinie würde das Rentenniveau sinken, weil immer mehr Babyboomer von Einzahlern zu Rentnern werden - bis 2031 voraussichtlich um rund einen Prozentpunkt auf 47 Prozent. Das deutsche Arbeitsministerium rechnet vor:
Durch die Stabilisierung des Rentenniveaus bei 48 Prozent fällt zum 1. Juli 2031 eine Pension von beispielsweise 1.500 Euro um etwa 35 Euro pro Monat höher aus. Das ist ein Plus von 420 Euro im Jahr. Die Rentenhöhe ist vor allem für jene rund 52 Prozent der Senioren und Seniorinnen zentral, die im Alter nur Einkommen aus der gesetzlichen Pensionsversicherung haben. Im Osten Deutschlands liegt die Zahl sogar bei rund 74 Prozent.
- Warum hat die Junge Union so lange revoltiert?
Die Junge Gruppe der Unionsfraktion hatte mit Ablehnung des Gesetzes gedroht, weil das Rentenniveau auch nach 2031 nicht so rapide sinken wird, wie es alleine die Demografie mit den immer mehr Älteren nahelegt.
Abstimmung im deutschen Bundestag
Demnach könnte die Niveaumarke 2035 immer noch 46,7 und fünf Jahre später noch 46 Prozent betragen. Das würde dann zu Mehrkosten von bis zu 15 Milliarden Euro jährlich führen, die dann die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler aufbringen müssten. "Eine Ungerechtigkeit", meinte Junge-Union-Chef Johannes Winkel, für das seine Generation und die Folgenden büßen müssten.
- Warum hätte der Widerstand der jungen Rebellen den Fortbestand der Koalition gefährdet?
Weil die Koalition aus SPD und Union im Bundestag nur über eine knappe Mehrheit von 12 Stimmen verfügt. Hätten die Jungen Parteirebellen, allesamt unter 35 Jahren, mit ihren insgesamt 18 Abgeordnetenstimmen dagegen votiert, wäre die Abstimmung gescheitert - und damit ein zentrale Forderung der SPD. Die Regierung in Berlin hätte das ein Scheitern eines so wichtigen Vorhabens kaum überlebt.
- Und was hat die oppositionelle Linke angeboten?
Die Linke hat sich bei der Abstimmung enthalten – dadurch sank die Mehrheitsschwelle im Bundestag deutlich, eine Zustimmung wäre auf jeden Fall leichter gewesen. Die Bundesregierung aber wollte auf eine eigene Mehrheit setzen.
- Wie steigen die Beiträge?
Wegen des Anstiegs bei den Erwerbstätigen und den Einkommen in Deutschland sind die Rentenbeiträge seit 2018 stabil geblieben. Zu zahlen sind 18,6 Prozent des Bruttolohns, zur Hälfte durch die Arbeitgeber und zur Hälfte durch ihre Beschäftigten, und zwar bis zu einer Obergrenze, der Beitragsbemessungsgrenze. Rentenpräsidentin Gundula Roßbach wies schon vor einiger Zeit darauf hin: „Ende der 1990er Jahre war der Beitragssatz schon höher als der jetzt für 2030 prognostizierte.“
Damals betrug er 20,3 Prozent. Nun soll der Beitragssatz erstmals 2027 hochgehen, die 20-Prozent-Marke 2030 erreichen und 2040 bei 21,4 Prozent liegen.
- Und was genau ist die "Mütterrente"?
Zur Abstimmung stand am Freitag auch die von der CSU vorangetriebene Ausweitung der Mütterrente. Die Zeit der Kindererziehung, die für die Rente anrechnungsfähig ist, soll für vor 1992 geborene Kinder um weitere sechs Monate auf drei Jahre verlängert werden. „Deshalb soll diese Gerechtigkeitslücke ab 1. Januar 2027 geschlossen und die Erziehungsleistung von Müttern oder Vätern in den ersten drei Lebensjahren jedes Kindes, unabhängig vom Geburtsjahr, gleichermaßen gewürdigt“, erläutert das Arbeitsministerium.
- Und arbeiten in der Pension?
Grünes Licht durch den Bundestag wurde auch zum Weiterarbeiten über das reguläre Rentenalter hinaus erwartet. Wer nach Erreichen des Rentenalters weiterarbeitet, darf ab kommendem Jahr bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei verdienen. Mit dieser Änderung im Einkommensteuergesetz sollen Rentnerinnen und Rentner mit bis zu 890 Millionen Euro jährlich entlastet werden.
- Wie lange muss man in Deutschland arbeiten?
Egal, ob Männer oder Frauen, das Pensionsantrittsalter beträgt 67 Jahre – für alle, die ab dem Jahr 1964 geboren sind. Das durchschnittliche Rentenantrittsalter bei Frauen liegt allerdings derzeit bei 63,9 Jahren ( Österreich: 61,2 Jahre); bei Männern bei 64,2 Jahre (Österreich: 62,79: Die Bruttoersatzrate, also das Verhältnis der Brutto-Rente zum früheren Brutto-Einkommen, liegt in Österreich durchschnittlich bei 74 Prozent, in Deutschland bei 42 Prozent.
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