CSU fordert: A dahoam nur Deutsch!

Andreas Scheuer, CSU-Generalsekretär
Empörungssturm über CSU-Forderung an Migranten, auch zu Hause Deutsch zu sprechen.

Noch ist die politisch flaue Weihnachtszeit nicht angebrochen oder gar der politische Aschermittwoch, an dem die CSU sich mit Bier, urbayerischem Adrenalin und Dialekt vollzupumpen pflegt. Aber der Parteitag am kommenden Wochenende ist auch ein guter Anlass dafür: Die CSU braucht dringend wieder ein eigenständiges, konservatives Thema. Da ihre Autobahnmaut nur für Ausländer noch immer nicht in trockenen Tüchern ist, nimmt die seit 1948 Bayern regierende Partei Ausländer anderweitig ins Visier: "Ausländer sollen zu Hause und im öffentlichen Raum dazu angehalten werden, Deutsch zu sprechen."

Das ist der von Generalsekretär Andreas Scheuer eingebrachte Teil des Leitantrags. Er ist damit Parteioffiziell, mit Absegnung oder besser: der Handschrift von CSU-Chef Horst Seehofer.

Die Resonanz ist dementsprechend überlaut. Denn nirgends ist Ausländerpolitik so politisch sensibel wie in dem an seiner Nazi-Vergangenheit immer noch schwer tragenden Deutschland. Eine Forderung wie die des bekennenden Populisten Seehofer wird daher in München wie in Berlin als gezielte Provokation, als Stimmungsmache gesehen. Und erstaunlicherweise geht das Kalkül auf: Der Aufschrei der Empörung ist so überwiegend wie erwartbar.

In der Schwesterpartei CDU distanzierte sich die Parteihierarchie vom Generalsekretär abwärts, CDU-Chefin und Kanzlerin Merkel schweigt dazu. Nur zwei bekanntere CDU-Politiker sehen die Forderung zumindest diskutierenswert: Innenpolitik-Sprecher Wolfgang Bosbach und Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich, der in einer Koalition mit der SPD regiert. Sie finden mehr Druck auf Ausländer zu Deutsch und damit zu rascherer Integration sinnvoll.

Alle anderen lehnen den Antrag ab oder machen sich lustig darüber, so wie SPD und Grüne in vielfachen Abstufungen. Manche geben sich sogar entsetzt über die Forderung, von der bisher niemand weiß, wie das "Anhalten zu Deutsch" überhaupt gehen soll. Die meisten Reaktionen triefen vor Spott und Abscheu vor der CSU. "Absurd und menschenfeindlich", reagierte die Türkische Gemeinde sofort, die für ihre Distanzierung von der Werbung der IS-Anhänger in Deutschland Monate gebraucht hatte.

Auch CSU-Kritik

Dass der Antrag der CSU vielleicht doch auch schaden könnte, bemerkten inzwischen auch führende CSU-Politiker. Die Fraktionschefin im Bundestag Gerda Hasselfeldt forderte eine Änderung: "Es ist zwar unbestritten, dass Sprache das Allerwichtigste für Integration ist, aber wir sollten noch einmal über die Formulierung nachdenken."

Das will auch Peter Gauweiler, Seehofer-Vize, Exponent des rechten Flügels und einer der Hauptinitiatoren der Autobahnmaut nur für Ausländer: "Es muss jeder zuhause sprechen können wie er mag." Bisher will Tauber den Antrag nicht ändern, interpretiert ihn aber nun toleranter als er klingt: Man wolle "keine Vorschrift, keine Pflicht und keine Kontrolle".

Das bestätigen die Analysen einiger Medien, darunter von Bild: Seehofer ginge es nur darum, das Abwandern des rechten CSU-Randes zur anfangs Euro-, inzwischen aber auch schrill Ausländer-kritischen AfD zu verhindern. Bisher sei ihm das, anders als der CDU, auch gelungen. So wie in Bayern die Integration eigentlich besser funktioniere als in anderen Bundesländern mit gleich hohem Ausländeranteil, darunter von der SPD regierten.

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