Pariser Bürgermeisterin will Frankreichs erste Präsidentin werden

Anne Hidalgo
Die Sozialistin Anne Hidalgo setzt auf Umweltpolitik und soziale Themen. Bürgermeisterin will sie im Wahlkampf bleiben.

Aus Paris  von Simone Weiler

Zuletzt interessierte nur noch die Frage, wo und wann Anne Hidalgo ihre Kandidatur für die französische Präsidentschaftswahl im April 2022 ankündigen würde. Die Bürgermeisterin von Paris wählte den gestrigen Sonntag und die Stadt Rouen, deren Bürgermeister, Nicolas Mayer-Rossignol, zu ihren Unterstützern gehört.

„Heute bin ich bereit“, sagte die 62-jährige Sozialistin in einem hellen Blazer vor dem Hafen von Rouen. Sie trete an, um „ein gerechteres, stärkeres Frankreich aufzubauen, dessen einzigartige Stimme erneut in Europa und der Welt hörbar sein muss“. Ihrem Umfeld zufolge will sich Hidalgo in erster Linie an die Mittel- und Unterschicht wenden, um deren Lebenssituation zu verbessern.

So schlug sie bereits vor, das Gehalt von Lehrkräften zu verdoppeln, jenes von „unsichtbaren“, aber unverzichtbaren Arbeitnehmern an der Supermarkt-Kasse oder im Pflegebereich deutlich erhöhen zu wollen. Vor allem ist Hidalgo bekannt für eine konsequente Klima- und Umweltpolitik, die den Menschen auch Opfer abverlangt: Seit Jahren beschränkt sie den Autoverkehr in der französischen Hauptstadt immer mehr, gerade führte sie fast flächendeckend Tempo 30 ein. Das bringt ihr viele Gegner ein.

Karriere-Sprungbrett

Dennoch gelang ihr, die seit 2014 Bürgermeisterin von Paris ist, im vergangenen Jahr problemlos die Wiederwahl. Als Karriere-Sprungbrett hat bereits Jacques Chirac dieses Amt genutzt, der 18 Jahre Bürgermeister war, bis er 1995 zum Präsidenten gewählt wurde. Was der rechtskonservative Chirac damals ganz selbstverständlich tat, nämlich den Posten auch im Wahlkampf beizubehalten, kritisieren die Republikaner nun.

Hidalgo nahm in ihrer Rede auch Bezug auf ihren Vater, der Arbeiter auf der Schiffswerft im spanischen Cadiz war und ihre Mutter, eine Schneiderin. Sie selbst war noch ein kleines Mädchen, als sie mit ihren Eltern nach Frankreich kam, wo sich die Familie ein neues Leben aufbaute. Gerade erschien Hidalgos politisches Manifest mit dem Titel „Eine französische Frau“. „Ich will, dass alle Kinder Frankreichs dieselbe Chance bekommen, die auch ich bekommen habe.“

Noch steht eine parteiinterne Abstimmung aus, doch gilt dies als Formalie. Nachdem der Sozialist François Hollande am Ende seiner Amtszeit 2017 aufgrund desaströser Beliebtheitswerte gar nicht mehr antrat, befindet sich die Partei in einer Sinnkrise, auch wenn sie bei regionalen und lokalen Wahlen zeigen konnte, dass sie im Land verankert ist. In Umfragen liegt Hidalgo allerdings nur bei sieben bis neun Prozent. Sie glaube, dass „die Franzosen bereit dafür sind, eine Frau zur Präsidentin zu wählen, und ich hoffe, dass es keine Frau der extremen Rechten sein wird“, sagte sie in Anspielung Marine Le Pen.

Simone Weiler, Paris

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