Warum Millionen Jugendliche plötzlich Osama Bin Laden auf TikTok feiern

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Ein über zehn Jahre alter, antisemitischer "Brief an Amerika" des einstigen Al-Kaida-Anführers Osama bin Laden geht auf TikTok viral.

"Er hat mir die Augen geöffnet", "ich werde nie wieder so auf die USA blicken, wie ich es vorher getan habe". So reagieren junge US-Amerikaner auf ein über zehn Jahre altes, antisemitisches Pamphlet des einstigen Al-Kaida-Anführers Osama bin Laden, das auf TikTok gerade viral geht. Eine junge Frau spricht von einer "existenziellen Krise", in die sie das Schreiben gestürzt habe. 

Worum geht's?

In seinem "Brief an Amerika" ("Letter to America") von 2002 erläuterte der 2011 getötete Anführer der islamistischen Terrorgruppe seine Beweggründe für die Terroranschläge vom 11. September 2001. Das Pamphlet kritisiert die Großmachtspolitik der USA - etwa, dass sie weltweit auch undemokratische Regime aus Machtinteressen stützten. Viele TikToker, die sich selbst wohl dem linksliberalen, progressiven Spektrum zuordnen würden, dürften diese Kritik teilen und das Schreiben deswegen verbreiten. Vergessen wird dabei aber, was sonst im Schreiben steht: Neben dem Ruf einer Auslöschung Israels lobt bin Laden die Scharia, fordert zu einer Aufhebung der Trennung von Staat und Religion und einem Verbot von Homosexualität auf.

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Warum jetzt?

Dass der Brief aktuell verbreitet wird, liegt wohl an der Weltlage: Angesichts des Gegenschlags der israelischen Armee nach dem Terroranschlag der Hamas und dem Leid der Zivilisten in Gaza, explodieren Antisemitismus und israel-feindliche Stimmungen weltweit. Im Westen werfen Vertreter der pro-palästinensischen Seite Medien einseitige Berichterstattung vor.

Seit Jahren fand sich das Pamphlet im Internet: Der britische Guardian hatte Bin Ladens vollständigen "Letter to America" 2002 auf seiner Website veröffentlicht, um ihn Lesern zugänglich zu machen. Jahrzehntelang fand das Schreiben dort wenig Beachtung - bis zu dieser Woche, in der sich Inhalte des Manifests plötzlich auf TikTok verbreiteten.

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TIkTok kämpft gegen Videos an

Die Videos würden "proaktiv und aggressiv" entfernt, teilte TikTok mit. Auch wurde der Hashtag "#lettertoamerica" in der Suchfunktion der Plattform gesperrt.

Die Verbreitung der Videos und die Berichte darüber lösten sofort neue Kritik an dem Dienst aus, dem in den USA Nähe zu chinesischen Behörden vorgeworfen wird - was TikTok zurückweist. So schrieb die republikanische Präsidentschaftsanwärterin Nikki Haley auf X, dies sei ein Beispiel dafür, "wie unsere ausländischen Feinde soziale Medien vergiften".

TikTok konterte, es habe nur "eine geringe Anzahl" der Videos gegeben - und sie verstießen ganz klar gegen die Regeln der Plattform. 

Millionen Aufrufe

Der Guardian reagierte, und löschte die Website. Ausgerechnet die Entfernung des Briefs sorgte für enorme Aufmerksamkeit. Viele TikToker sahen sich in ihrem Vorwurf gegenüber den Medien bestätigt. "Das auf unserer Webseite veröffentlichte Transkript wurde ohne den vollständigen Kontext häufig auf sozialen Medien geteilt. Deswegen haben wir uns entschlossen, ihn herunterzunehmen und Leser stattdessen zu dem Bericht weiterzuleiten, in dem er in Kontext gesetzt wurde", hieß es auf der "Guardian"-Webseite.

Bis Donnerstagnachmittag sind Videos mit dem entsprechenden Hashtag mehr als 15 Millionen Mal angesehen worden. Die israelische Zeitung Jerusalem Post berichtet, der dazugehörige Hashtag "#LetterToAmerica" sei auf TikTok oft in Ergänzung mit dem Hashtag "#freepalestine" zu finden.

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