Orden für Autokraten: Riesen-Wirbel um Semper-Opernball

Die berühmte Semperoper in Dresden.
Tanzdiplomatie in Dresden: Wie Ägyptens Präsident Al-Sisi in den Mittelpunkt eines Polit-Streits rückte. Der Chef des Ballvereins hat sich mittlerweile für die Ehrung entschuldigt.

Empörung, Irritationen und eine Entschuldigung: Die umstrittene Verleihung des St.-Georgs-Ordens des Dresdner Semperopernballs an Ägyptens autoritären Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi am kommenden Sonntag hat in Deutschland für Proteste auf breiter Front gesorgt.

Am Dienstagabend teilte Ballvereins-Chef Hans-Joachim Frey deshalb mit: "Wir möchten uns für diese Preisverleihung entschuldigen und davon distanzieren. Die Verleihung war ein Fehler." Frey hatte in der Vergangenheit schon mit einer anderen umstrittenen Entscheidung Schlagzeilen gemacht: 2009 war Russlands Präsident Wladimir Putin Ballgast und Preisträger.

Der Semperopernball wird am 7. Februar stattfinden. Roland Kaiser, Schlagersänger und bekanntes SPD-Mitglied, und "Tagesschau"-Sprecherin Judith Rakers sollen durch den Abend führen. Beide denken nun über Konsequenzen nach. "Mich irritiert diese Verleihung sehr, und ich bin seitdem in Gesprächen über die Konsequenzen, die ich als Moderatorin des Balls ziehen möchte", hatte Rakers auf Twitter vor der Entschuldigung Freys geschrieben.

Orden für Autokraten: Riesen-Wirbel um Semper-Opernball

Judith Rakers ist irritiert.

Aus dem "rauschenden kulturellen Ereignis" sei "ein politisches geworden", schrieb unterdessen Roland Kaiser auf Facebook. Seit Bekanntwerden dieser Verleihung sei er "in Gesprächen über die Konsequenzen, die ich voraussichtlich ziehen werde".

Orden für Autokraten: Riesen-Wirbel um Semper-Opernball

Schlagersänger Roland Kaiser versteht die Ehrung keineswegs.

Zuvor hatte auch der Oberbürgermeister der sächsischen Landeshauptstadt Dresden, Dirk Hilbert (FDP), mitgeteilt, seine Teilnahme zu prüfen. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) behält nach Angaben der Staatskanzlei die Schirmherrschaft und wird den Ball wie geplant eröffnen.Der Opernballverein hatte Al-Sisi am Sonntag trotz öffentlicher Kritik in Kairo einen seiner St.-Georgs-Orden überreicht - in der Kategorie Politik und Kultur.

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Abdel Fattah al-Sisi: Vom Militärchef zum Präsidenten.

An die Macht geputscht

Der frühere General und Armeechef war 2013 nach einem Militärputsch an die Macht gekommen und 2014 als Präsident vereidigt worden. Seitdem geht er mit harter Hand gegen Oppositionelle und Kritiker vor, Meinungs- und Versammlungsfreiheit sind stark eingeschränkt.

Vereinschef Frey hatte die Auswahl damit gerechtfertigt, dass der Ball eine Kultur- und keine politische Veranstaltung sei. Al-Sisi sorge in Ägypten für Stabilität, den Aufbau der Gesellschaft, für Kultur und Bildung - und er sei als Präsident der afrikanischen Union die Stimme Afrikas.

"Lupenreiner Autokrat"

Die Grünen-Bundestagsabgeordneten Kai Gehring und Erhard Grundl forderten Frey auf, die Entscheidung zurückzunehmen, auch um Schaden von der "hochgeschätzten" Semperoper abzuwenden. Al-Sisi sei "ein lupenreiner Autokrat und Anti-Demokrat", die Preisverleihung an ihn "ein Affront" gegen alle friedlichen Regimekritiker.

Nach dem MDR hatte sich mit der „Sächsischen Zeitung“ auch der langjährige offizielle Medienpartner des Balles distanziert. Die DDV-Mediengruppe twitterte: „Missachtung von Menschenrechten einschließlich des Rechts auf freie Meinungsäußerung sind mit Haltung und Selbstverständnis von Verlag und Redaktionen der Mediengruppe unvereinbar.“

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