Orbán will die Ungarn zu EU-Sanktionen gegen Russland befragen
Die EU will als Reaktion auf die Teilmobilmachung ihre Sanktionen gegen Russland verschärfen. Darauf haben sich die Außenminister der 27 EU-Mitgliedsstaaten am Rande der UN-Vollversammlung in New York geeinigt.
Widerspruch gab es sofort aus dem EU-Land Ungarn: Ministerpräsident Viktor Orban forderte die Aufhebung der EU-Sanktionen spätestens bis Ende des Jahres, wie ein Regierungssprecher bestätigte. Die ungarische Zeitung Magyar Nemzet zitierte Orban mit den Worten, die EU-Sanktionen hätten die Gaspreise und die Inflation in die Höhe getrieben. Würden diese Maßnahmen aufgehoben, würden die Gaspreise sofort um 50 Prozent sinken und die Inflation würde ebenfalls zurückgehen.
Am Donnerstagabend ließen die Fraktionen der Regierungsparteien verlautbaren, man plane eine Volksbefragung zu den Sanktionen. "Es ist nicht richtig, dass nur die Brüsseler Elite über die Sanktionen entscheiden kann. Es wird auch wichtig sein, die Leute zu fragen, denn je länger sich diese Debatte hinzieht, desto mehr Schaden wird sie anrichten", merkte Máté Kocsis, Fidesz-Fraktionsvorsitzender, bei einer Pressekonferenz an.
In den kommenden Wochen sollen an alle Haushalte Ungarns Fragebögen geschickt werden. Der genaue Wortlaut der Fragen ist noch offen.
Gescheiterte Referenden
Regierungskritische Aktivisten und Journalisten warnen in den sozialen Medien vor ähnlich suggestiven Fragen wie bei den letzten Abstimmungen. Im Frühling ließ Orbán ein Referendum zu einem umstrittenen LGBTQ-Gesetz abhalten. Damals wurde etwa gefragt, "ob in Medien ohne Einschränkungen Inhalte gezeigt werden sollten, die die sexuelle Orientierung eines Kindes beeinflussen" könnten, und ob bei Minderjährigen für Geschlechtsangleichungen geworben werden dürfe. Ähnlich ist Orbán 2016 bei einem Referendum über die EU-Flüchtlingsquoten vorgegangen: Die Bevölkerung war aufgerufen, über folgende Frage abzustimmen: "Wollen Sie, dass die Europäische Union auch ohne die Zustimmung des ungarischen Parlaments die verpflichtende Ansiedlung von nichtungarischen Staatsbürgern in Ungarn vorschreiben kann?"
Beide Referenden waren wegen mangelnder Beteiligung ungültig. Im Frühling hätten zwar mehr als 50 Prozent der Wahlberechtigten abgestimmt, doch darunter fanden sich zahlreiche nicht gültige Stimmzettel, wohl aus Protest. Dazu hatten Aktivisten im Vorfeld aufgerufen.
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