Offensive auf IS-Hochburg Raqqa hat begonnen

SDF-Pressekonferenz in Ain Issa
Die kurdisch-arabische Miliz wird von den USA unterstützt. Die syrische Stadt ist seit 2014 unter Kontrolle des IS.

Die kurdisch dominierten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) haben ihre lange erwartete Offensive auf die IS-Hochburg Raqqa in Syrien begonnen. "Die große Schlacht zur Befreiung von Raqqa und seiner Umgebung hat begonnen", heißt es in einer Erklärung der SDF, die bei einer Pressekonferenz in Ain Issa verlesen wurde. Ain Issa befindet sich etwa 50 Kilometer nördlich von Raqqa.

Man werde Schritt für Schritt vorgehen, sagte eine SDF-Kommandantin. Die Sicherheit von Zivilisten habe Vorrang. Vier Fünftel der teilnehmenden Kämpfer seien als Zivilisten aus Raqqa geflohen. Unterstützt würden die Angreifer von einer US-geführten Militärkoalition und den kurdischen Volksschutzeinheiten (YPG), dem bewaffneten Arm der SDF. Die YPG und die SDF sind in Syrien die wichtigsten Verbündeten des Westens gegen die sunnitischen Extremisten des Islamischen Staates (IS). Die Kurdenmiliz beherrscht große Teile der Grenze zur Türkei.

Spannungen mit Türkei

Mit dem Nachbarland gibt es aber einige Spannungen. Ankara will verhindern, dass die Kurden weitere Gebiete unter ihre Herrschaft bringen. Die türkische Armee hatte im August einen Bodeneinsatz mit Panzern in Syrien begonnen. Sie unterstützt damit Rebellen und bekämpft die YPG und den IS. Die SDF-Kommandantin forderte die Türkei laut Rudaw auf, sich nicht in syrische Angelegenheiten einzumischen.

Die Offensive zur Rückeroberung von Raqqa war seit längerem erwartet worden. Die Stadt ist seit 2014 unter Kontrolle des IS. US-Verteidigungsminister Ashton Carter hatte vor knapp zwei Wochen gesagt, die Rückeroberung starte "in wenigen Wochen".

Im Irak wird seit Mitte Oktober um die IS-Hochburg Mosul gekämpft. An der Seite der irakischen Soldaten kämpfen kurdische Peschmerga-Kämpfer, die US-geführte Anti-IS-Koalition unterstützt sie mit Luftangriffen.

Bis zum Ausbruch des syrischen Bürgerkriegs vor mehr als fünf Jahren war Raqqa im Norden des Landes ein wichtiger Umschlagplatz für landwirtschaftliche Güter. Mehr als 200.000 Menschen lebten in der Stadt am Euphrat. Nach ihrer Eroberung durch Islamistenmilizen hat sich Raqqa in eine der wichtigsten IS-Hochburgen verwandelt.

Raqqa gilt als Verwaltungszentrum des von den Extremisten ausgerufenen Kalifats in Syrien. Möglich war das, weil die Jihadisten in der mehrheitlich sunnitischen Bevölkerung der Stadt Rückhalt fanden. Die syrischen Sunniten fühlten sich von der Regierung unter Präsident Bashar al-Assad benachteiligt. Hunderttausende sunnitische Flüchtlinge sollen im Bürgerkrieg nach Raqqa gezogen sein. Das traditionell eher laizistische Regime in Damaskus wird mehrheitlich von Alawiten getragen, einer Nebenlinie des schiitischen Islams.

In Raqqa sollen sich auch viele ausländische IS-Kämpfer aufhalten. Weil der IS die Kommunikation in Raqqa massiv überwacht, ist es schwierig, verlässliche Nachrichten über die Lage in der Stadt zu bekommen. Sicher ist, dass schiitische und christliche Bauwerke von IS-Kämpfern geschändet wurden. Die Extremisten beherrschen das öffentliche Leben. Frauen dürfen nur verschleiert auf die Straße gehen, Rauchen ist strafbar.

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