Österreichs Kanzler in Washington: Die fünf besten Anekdoten

Österreichs Kanzler in Washington: Die fünf besten Anekdoten
Kreisky mochte Reagan nicht, Vranitzky spielte Basketball und Schüssel machte dem Secret Service Probleme.

Es gibt wohl kaum einen Politiker, der nicht einmal ins Weiße Haus möchte. Die meisten Bundeskanzler haben es geschafft, doch ihre Zugänge waren durchaus unterschiedlich, wie die Washington-Erfahrungen von Leopold Figl, Bruno Kreisky, Franz Vranitzky und Wolfgang Schüssel zeigen. Aber egal wie sehr sie sich auch bemühten: Den größten rot-weiß-roten Eindruck im Weißen Haus hinterließen Vierbeiner.

Figls Griff in die Trickkiste: Musik in seinen Ohren

Dass Leopold Figl den Sowjets den Staatsvertrag mit der "Reblaus" abgetrotzt haben soll, weiß in Österreich jedes Kind. Doch der erste Kanzler der Zweiten Republik wusste auch die Amerikaner zu umgarnen. US-Präsident Harry S. Truman brachte Figl bei seinem ersten Besuch im Weißen Haus im Mai 1952 eine Wiener Spieldose mit.

"Meine Tochter liebt Musik genau so wie ich, und so fürchte ich, ich werde die Spieldose nicht lange behalten", sagte Truman bei der Übergabe des Präsents. Als er Figl tags darauf bei einem Empfang im Weißen Haus wieder traf, berichtete Truman: "Was habe ich Ihnen gesagt, ich habe die Dose nicht mehr, meine Tochter hat sie mir abgenommen."

Grantiger Kreisky: Reagan las von Zetteln ab

In der Tat, er hat sich Besseres verdient. Bruno Kreisky hat die US-Präsidenten Richard Nixon, Gerald Ford und Jimmy Carter für Gipfeltreffen in die Alpenrepublik geholt, die Vereinten Nationen ihren dritten Sitz in Wien aufschlagen lassen und mit seiner Nahostpolitik in der Weltliga mitgespielt. Vom vierten US-Präsidenten seiner Amtszeit, Ronald Reagan, wurde Kreisky aber auf den harten Boden der Kleinstaatsrealität zurückgeholt.

Wie sein Sekretär Wolfgang Petritsch in seiner Kreisky-Biografie berichtet, war der Kanzler "enorm" enttäuscht von seinem Treffen mit Reagan im Februar 1983. "Ich erinnere mich noch, wie Kreisky seinen Mitarbeitern anschließend kopfschüttelnd erzählte, noch nie einem Präsidenten der Vereinigten Staaten begegnet zu sein - und er hatte seit Truman alle getroffen , der so wenig von den politischen Realitäten dieser Welt begreife, wie Ronald Reagan", schreibt Petritsch.

Österreichs Kanzler in Washington: Die fünf besten Anekdoten

Der 2004 verstorbene und für seine Eloquenz bekannte Ronald Reagan soll laut Kreisky wenig "von den politischen Realitäten dieser Welt" begriffen haben.

Das Treffen sei nach 20 Minuten beendet gewesen, Reagan habe seine Aussagen von Zetteln abgelesen. Dies bestätigt auch die langjährige außenpolitische Beraterin Kreiskys und seiner Nachfolger, Eva Nowotny. Reagan habe bei Treffen immer seinen Außenminister George Shultz mitgehabt, der sich als "Souffleur" betätigt habe.

Dauerbrenner Vranitzky: Nothing but net

Innenpolitisch steht er im Schatten des SPÖ-Überkanzlers Bruno Kreisky, aber bei Besuchen im Weißen Haus hatte Franz Vranitzky (1986-97) eindeutig die Nase vorne. Kein österreichischer Bundeskanzler kam öfter ins Oval Office als Vranitzky: Gleich fünf Mal (1987 bei Ronald Reagan, 1989, 1990 und 1991 bei George H.W. Bush und 1994 bei Bill Clinton) wurde er im US-Machtzentrum empfangen.

"Ich hielt es für richtig, in regelmäßigen Abständen Washington offizielle Besuche abzustatten, bei Reagan, bei Bush senior und bei Clinton, mit dem mich bis heute eine persönliche Freundschaft verbindet", erinnerte sich Vranitzky in seinen Memoiren. Wie ihm das gelungen ist, erläuterte seine langjährige außenpolitische Beraterin Eva Nowotny.

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Franz Vranitzky war einst ein begnadeter Basketballer, damit konnte er in den Vereinigten Staaten natürlich - achtung, Witz - punkten.

Als früherer Weltbank-Mitarbeiter habe Vranitzky in den USA "ein großes Standing" und viele sehr gute Freunde gehabt. Unter ihnen war auch der langjährige US-Senator von New Jersey Bill Bradley, der mit Vranitzky auf sportlicher Ebene verbunden war. So wie der Ex-Kanzler war nämlich auch Bradley in den 1960er Jahren Basketball-Nationalspieler gewesen.

Schüssel und der Secret Service: Auf Schritt und Tritt

Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) war zwei Mal im Weißen Haus, im November 2001 und im Dezember 2005. Beim ersten Besuch wollte er trotz Novemberwetters nicht auf einen morgendlichen Joggingausflug verzichten und wurde damit unfreiwillig zum Fitnesstrainer. Im offiziellen Gästehaus des US-Präsidenten, dem "Blair House", untergebracht, durfte Schüssel nämlich nicht ohne Securities unterwegs sein.

Wie Schüssel in seinen Memoiren "Offengelegt" amüsiert berichtet, versuchten die Sicherheitsleute ihm zunächst im Auto zu folgen, doch konnte dieses wegen des starken Verkehrs auf der Mall nicht mit dem joggenden Kanzler Schritt halten. So musste einer der Wachmänner aussteigen und Schüssel nachlaufen. Der "behäbige Bursche" sei nach einer Viertelstunde "am Ende" gewesen. Einem einspringenden Kollegen sei es nicht besser ergangen, "und so weiter".

Als Schüssel am nächsten Tag zu US-Präsident George W. Bush ins Weiße Haus kam, nahm ihn der Sicherheitschef beiseite und fragte ihn: "Werden Sie morgen wieder laufen gehen? Bitte sagen Sie es uns rechtzeitig, wir wollen uns nie wieder so blamieren!" Schüssel musste die Geschichte natürlich auch Bush erzählen, der daraufhin neidig gemeint habe, dass ihn die Sicherheitsleute nicht draußen laufen ließen. "Ich habe nur meine Viertelmeile im Rosengarten des Weißen Hauses. Das ist vielleicht langweilig."

Einem geschenkten Gaul...

Für den größten österreichischen Publicity-Coup in Washington ist wohl der legendäre Präsident der Wirtschaftskammer, Rudolf Sallinger, verantwortlich. Er hatte im Jahr 1982 die Idee, US-Präsident Ronald Reagan einen Lipizzaner zu schenken. Der ehemalige Cowboy-Darsteller und Pferdenarr gab dem weißen Hengst namens "Maestoso Bianca" nach der Übergabe auf dem Rasen vor dem Weißen Haus gleich den Spitznamen "Amadeus" und machte ihn zum "Symbol der Freundschaft zwischen dem amerikanischen und österreichischen Volk".

Eine Vorführung von acht Reitern der Spanischen Hofreitschule am 19. November 1982 vor der US-Machtzentrale sorgte für großes Medienecho in den USA, der Werbeeffekt wurde damals mit 150 Millionen Schilling (nach heutigem Wert rund 25 Mio. Euro) beziffert. Gut ein Jahr später folgte die politische Krönung der Beziehungen, als Bundespräsident Rudolf Kirchschläger im Februar 1984 den ersten Staatsbesuch eines österreichischen Staatsoberhaupts in den USA absolvierte.

Reagan konnte den Lipizzaner-Hengst übrigens nur annehmen, weil er ihm als lebenslange Leihgabe übergeben wurde. US-Präsidenten ist es nämlich verboten, wertvolle Geschenke anzunehmen. Aktuell liegt die Wertgrenze bei 390 Dollar (360,51 Euro). Kanzler Kurz brachte Trump bei seinem ersten Besuch im Vorjahr übrigens einen Swarovski-Feldstecher mit.

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