Nordkorea: Trump und der Lockruf Kims
Kaum war die Ankündigung aus Pjöngjang ergangen, griff US-Präsident Donald Trump zu seinem Handy und twitterte: „Das sind gute Nachrichten für Nordkorea und für die Welt – großer Fortschritt! Ich freue mich auf unser Gipfeltreffen.“ Die Begegnung mit dem Herrscher des kommunistischen Landes, Kim Jong-un, ist für Ende Mai, Anfang Juni geplant und nun viel wahrscheinlicher geworden.
Was den Chef im Weißen Haus und mit ihm fast alle Staaten dieser Welt so erfreute: Kim, den Trump im Vorjahr noch abschätzig „kleinen Raketenmann“ genannt hatte, ließ am Samstag verlautbaren, dass sein Land zunächst einmal auf Atomwaffen- und Langstreckenraketentests verzichten werde. Zudem solle das nukleare Versuchsgelände Punggye-ri geschlossen werden. Man habe alle Ziele erreicht, weitere Tests seien nicht mehr notwendig. Damit deklariert sich Nordkorea de facto als Atommacht – als solche will sie den USA auf Augenhöhe gegenübertreten.
Ziel erreicht, auch deswegen, weil Kim seit Monaten in diesem gefährlichen Konflikt das Gesetz des Handelns bestimmt. Begonnen hatte es mit der Annäherung an Südkorea vor den dortigen Olympischen Spielen zu Jahresbeginn. Ein gemischtes Damen-Eishockeyteam war das sportliche Symbol dafür, ein Treffen von Kims einflussreicher Schwester Kim Yo-jong mit dem südkoreanischen Präsidenten Moon Jae-in das politische. Dieser will am Freitag erstmals mit seinem nördlichen Widerpart an der Demarkationslinie der beiden Länder, die sich offiziell immer noch im Kriegszustand befinden, zusammenkommen. Auch Moon begrüßte daher die jüngste Handreichung aus Pjöngjang.
Teufel steckt im Detail
Doch Kenner der komplizierten Lage warnen vor vorschnellem Optimismus, der Teufel stecke im Detail. „Von einer Beseitigung der bestehenden Atomwaffen (niemand weiß, über wie viele Nordkorea tatsächlich verfügt) ist nicht die Rede“, meint etwa Lee Sang Hyun vom privaten südkoreanischen Sejong-Institut. Und schon gar nicht von einer Aufgabe des gesamten Nuklearwaffen-Programms. Genau das verlange aber die internationale Gemeinschaft, hieß es in Tokio, weshalb die Erklärung aus Pjöngjang „unzureichend“ sei.
Kim hat jedenfalls mit seiner jüngsten Initiative wieder einmal überrascht und sich als gewiefter Taktiker erwiesen. Manche Analytiker meinen, er wolle sich damit bloß Zeit kaufen, um die schmerzvollen internationalen Sanktionen Schritt für Schritt aufzuheben, an ein Ende des Atomprogramms denke er nicht. Andere wiederum sehen Letzteres für durchaus realistisch an, doch dafür würde der nordkoreanische Machthaber umfassende Sicherheitsgarantien verlangen – wie etwa einen Friedensvertrag, eine Normalisierung der Beziehungen zu den USA und vor allem auch Wirtschaftshilfe, um das Land aufzubauen.
Das sind allesamt freilich hohe Hürden, die schwer zu überspringen sind. Der deutsche Nordkorea-Experte Hartmut Koschyk erwartet daher einen „langwierigen Verhandlungsprozess“. Auf einen solchen wird sich wohl auch Trump einstellen müssen, der sich allerdings für gewöhnlich in der Rolle des flotten „Dealmakers“ gefällt.
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