Steuert Nordkorea auf eine Hungersnot zu?
Bereits zu Beginn des Monats gab es erste Berichte aus Südkorea: Die Lage in Pjöngjang habe sich weiter verschlechtert, das isolierte Nachbarland sei mit einer ernsthaften Nahrungsmittelknappheit konfrontiert.
Jetzt dürften sich die Berichte bestätigt haben: Nordkorea droht nach Angaben des Regimes eine beispiellose Lebensmittelknappheit. Die staatlichen Medien berichteten am Dienstag, dass Machthaber Kim Jong-un die Bedeutung einer stabilen landwirtschaftlichen Produktion betont hat, und seine Vertrauten aufgefordert hat, eine "grundlegende Transformation" in der landwirtschaftlichen Produktion einzuleiten. Das Erreichen der Getreideproduktionsziele in diesem Jahr habe oberste Priorität.
Die Ansage Kim Jong-uns sei, so manche Experten, "typische Propaganda", die zeigen soll, dass Kim Jong-un an der Verbesserung der Lebensbedingungen arbeite, um sein Image aufzupolieren.
Dazu passen die Berichte des Staatssenders: "Seine historische Schlussfolgerung, die sich umfassend mit den revolutionären Kampfstrategien für die ländliche Entwicklung befasste, wird als Handlungsleitfaden dienen", lobte KCNA unter Bezugnahme auf die Ansprache des nordkoreanischen Führers. Kim Jong-un fügte hinzu, dass "nichts unmöglich ist, solange das starke Führungssystem in der gesamten Partei etabliert ist und es die vereinte Kraft aller Menschen gibt."
Abgeschottet
Dennoch dürfte es schlimm stehen um die Versorgung im Land: Das Regime in Nordkorea schottet seine Bevölkerung weitestgehend ab, vor allem seit der Corona-Pandemie. Dadurch hat der für das Land wesentliche Handel mit dem Nachbarn China deutlich nachgelassen. Zudem ist das Land wirtschaftlich nur gering produktiv und wegen seines Atom- und Raketenprogramms mit internationalen Sanktionen belegt.
Zuletzt hatte die Führung in Pjöngjang im Sommer 2021 eingeräumt, dass es eine Lebensmittelkrise gibt. Die Ernährungslage sei "angespannt", sagte Kim Jong-un damals. Damals galten elf der rund 26 Millionen Menschen mangelernährt.
Laut Beobachtern machen Kolchosen, landwirtschaftliche Großbetriebe nach Sowjet-Vorbild, den Großteil der nordkoreanischen Landwirtschaft aus. Die Farmen beherbergen mehrere Kleinbauern, ein großer Ertrag ist kaum möglich. Die Selbstversorgung im Land wird auch durch harte Böden und schlechte Wetterbedingungen erschwert. Taifune, Überschwemmungen und massive Regenfälle machen das Wirtschaften des Landes schwer.
Nordkorea war Mitte bis Ende der 1990er Jahre mit einer schweren Hungersnot konfrontiert, die vermutlich mehr als drei Millionen Menschen im Land das Leben gekostet hat. In seiner ersten öffentlichen Rede, nachdem Kim Jong-un Ende 2011 die Führung von seinem Vater übernommen hatte, versprach er, dass die Nordkoreaner "nie wieder den Gürtel enger schnallen müssen".
Vergangene Woche sorgten andere Nachrichten aus Nordkorea für mesiale Aufmerksamkeit: Kim Jong-un hat wieder mal seine Tochter, die als Kim Ju Ae bekannt ist und von Beobachtern auf etwa zehn Jahre geschätzt wird, zu einem öffentlichen Auftritt mitgebracht - eine Seltenheit. Das führte abermals zu Spekulationen, ob das Kind auf diese Weise an eine künftige Führungsrolle herangeführt wird.
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