Nordirland: Rücktritt mit Sprengkraft

Nordirlands Regierungsduo Martin McGuiness und Arlene Foster ist zerbrochen
Etwaige Neuwahlen könnten die britische Brexit-Krise verschärfen.

Die nordirische Regierung steckt in einer tiefen Krise. Als Vize-Regierungschef Martin McGuinness von der katholischen Partei Sinn Fein am Montag zurücktrat, tat er dies mit heftigen Anschuldigungen gegen den Regierungspartner, die protestantische Partei DUP: "Wir haben die Arroganz von Regierungschefin Arlene Foster satt, die Zustände sind nicht mehr akzeptabel", sagte der frühere IRA-Mann.

Findet sich binnen einer Woche kein Nachfolger für sein Amt, bedeutet das Neuwahlen in Nordirland – diesen Nachfolger werde es nicht geben, betonte er.

Verheiztes Geld

In den vergangenen Wochen waren immer mehr Einzelheiten eines misslungenen Projekts der DUP ans Licht gekommen. Als Foster noch als Ministerin für die Wirtschafts-Agenden zuständig war, startete sie ein Subventionsprogramm für erneuerbare Energie. Das Programm sollte es Unternehmen und später auch Bürgern leichter machen, erneuerbare Heiztechnologien anzuschaffen. Für jedes Pfund, das sie für erneuerbare Technologien ausgäben, würden sie 1,6 Pfund bekommen.

Nach Berichten von Whistleblowern habe es viele Fälle von Betrug gegeben – beispielsweise hätte ein Bauer vorgehabt, seinen leeren Schuppen zu heizen und damit die Förderungen zu kassieren.

Mittlerweile wurde bekannt, dass die nordirische Regierung das Budget für die Initiative um 490 Millionen Pfund (570 Millionen Euro) überzogen hat. Dieses Geld wird aus den Nordirland-Subventionen des britischen Finanzministeriums kommen müssen.

Sorgen in London

Die Krise in Nordirland sorgt auch in London für zusätzliches Kopfzerbrechen – Großbritannien steckt mitten in den Vorbereitungen zum Brexit, und Schottland liebäugelt mit einem erneuten Referendum zur Unabhängigkeit. Wenn in Nordirland nun Neuwahlen durchgeführt werden – und das ist sehr wahrscheinlich – könnten diese im Zeichen des Brexit-Protests stehen. Bei der Brexit-Abstimmung vergangenen Juni stimmten 56 Prozent der Nordiren für einen Verbleib in der EU, vor allem weil sie fürchten, dass es erneut zu Kontrollen an der irischen Grenze kommen könnte. Das langfristige Ziel der Sinn Fein ist eine eine unabhängige, vereinigte Republik Irland, also ein Austritt aus dem britischen Königreich.

Der britische Nordirland-Minister James Brokenshire rief am Dienstag die beiden Regierungsparteien zur Mäßigung auf und bat sie, "gemeinsam einen Weg nach vorne zu finden".

Ins gleiche Horn stieß der irische Außenminister, Charles Flanagan – er mahnte die zerstrittenen Parteien, das Karfreitagsabkommen von 1998 nicht zu beschädigen.

Dieses Abkommen beendete den blutigen Nordirlandkonflikt, der beinahe 30 Jahre getobt hatte. Damals bekämpften sich Katholiken, die ein vereintes Irland wollten und Protestanten, die auf der Seite Großbritanniens standen. Seit dem Jahr 2007 wird Nordirland von einer Koalition der katholischen Sinn Fein und der protestantischen DUP regiert.

Gibt es bis kommenden Montag keine Lösung, müssen in Nordirland in sechs Wochen Neuwahlen durchgeführt werden.

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