Senioren und Behinderte sollen Sozialarbeit leisten

Vorbildliche Königin Maxima: Freiwillige Hilfe in einem niederländischen Altersheim.
Umbau des Wohlfahrtsstaates: Regierung drängt auf Mitarbeit jener, die Pflegeleistungen beziehen.

Frage nicht, was der Wohlfahrtsstaat für dich tun kann, sondern, was du ihm zurückgeben kannst – dies scheint die Vorgabe der groß-koalitionären niederländischen Regierung zu sein, die mit neuen Plänen überrascht: Pensionisten, Behinderte und chronisch Kranke, die staatliche Sozialleistungen beziehen, werden im Tausch für Pflegedienstleistungen „dringend ersucht“, freiwillige Sozialarbeit zu leisten.

„Ein pensionierter Buchhalter im Rollstuhl könnte etwa in einem Schuldenberatungsbüro helfen“, schlug Vize-Gesundheitsminister Martin van Rijn diese Woche im Rahmen eines ganzen Maßnahmenkataloges vor. „Und Pensionisten könnten in Volksschulen beim Lesenlernen helfen.“ Dies hätte auch den Vorteil, so der Sozialdemokrat, „dass man die Einsamkeit vieler Senioren bekämpfen könnte“.

Mitarbeit eingefordert

Anders als Arbeitslose können Pensionisten oder Behinderte in den Niederlanden nicht zu Sozialarbeit gezwungen werden. Doch die Gemeinden, die Pflegeleistungen anbieten, sollen von nun an „beharrlich auf die Mitarbeit an der Gemeinschaft“ jener Menschen drängen, die von ihnen betreut werden.

Dahinter steht die von der Regierung propagierte Idee der „Gesellschaft der Selbstverantwortung“. „Der klassische Sozialstaat wandelt sich langsam aber sicher in eine Teilnahme-Gesellschaft, wo die Bürgern für sich selbst sorgen müssen“, hatte schon König Willem-Alexander vor zwei Wochen in seiner ersten Thronrede verkündet. Vor allem aber steht dahinter die anhaltende Wirtschaftskrise, die den niederländischen Wohlfahrtsstaat an seine Grenzen geführt hat.

Dass Pensionisten freiwillige Sozialarbeit leisten sollen, befürwortet die Dachorganisation der Pensionisten, ANBO, durchaus, warnt aber davor, die Senioren zu überfordern. Weniger Zustimmung ist in den sozialen Foren nachzulesen: „Als Niederländer bin ich ja sowieso verpflichtet, ein Leben lang in Kranken- und Pensionskasse einzuzahlen“, empört sich ein Blogger. „Jetzt von Alten und Kranken zu verlangen, quasi arbeiten zu gehen, ist Unsinn und ungerecht.“

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