Neuer Deal gesucht

Neuer Deal gesucht
Deutschland will Spanien im Dialog mit Marokko helfen, doch das reicht nicht

Es war wohl eine der angenehmeren Dienstreisen für die deutsche Bundeskanzlerin: Und nein, es lag nicht an der spanischen Sonne oder den Spaziergängen in den Dünen, sondern am Gastgeber. Mit Pedro Sánchez traf sie einen EU-Staatschef, der beim Thema Migration mal nicht auf Krawall, sondern Konsens aus ist.

Auf Sánchez’ Finca in der andalusischen Küstenstadt Sanlucar de Barrameda präsentierten sich am Wochenende zwei Verbündete, die den Zuzug aus Afrika nach Spanien einschränken wollen. Als erstes Zeichen der Zusammenarbeit kündigte er an, in Spanien registrierte Asylwerber zurückzunehmen, die an der deutsch-österreichischen Grenze aufgegriffen werden. Seit Beginn der Aufzeichnungen im Juni gab es laut Innenministerium aber keinen einzigen solchen Fall. Das Abkommen ist daher mehr Symbolik, auch für die künftige Zusammenarbeit: Die Kanzlerin hat Madrid Hilfe zugesagt, mehr Finanzmittel für den Außengrenzschutz und die Aufnahme von Migranten zu bekommen.

Vor wenigen Wochen bat Sánchez die EU-Kommission um Hilfe, derzeit kommen mehr Menschen übers Mittelmeer in Spanien an, als in Italien. Was laut El Pais auch an einer stillen Kurskorrektur Marokkos liegt, die aus EU-Berichten hervorgeht, so die Zeitung. Bisher galt die Zusammenarbeit als vorbildhaft: Das Land bekam Wirtschaftshilfe und kontrollierte im Gegenzug die Häfen bzw. nahm Menschen zurück, die den Grenzzaun an den spanischen Exklaven Ceuta und Melilla überwunden hatten. Doch aus Rabat klang zuletzt durch, dass es dazu mehr Gelder bedarf.

Deal wie mit Türkei?

Die Kanzlerin versprach Sánchez jedenfalls Hilfe bei den Verhandlungen. Dass etwas in Bewegung ist, zeigte sich am Wochenende: Marokkanische Behörden gingen verstärkt gegen Migranten im Grenzgebiet vor, brachten hunderte Menschen in Bussen von der Küste ins Landesinnere.

Dennoch müsse mit Transitländern gesprochen werden, sagt Gerald Knaus im Gespräch mit dem KURIER. Der Österreicher ist Vordenker des EU-Türkei-Deals und Chef der Denkfabrik „Europäische Stabilitätsinitiative“ in Berlin. Gerüchte über mögliche Kooperationsabkommen, wie sie die EU schon mit der Türkei und Libyen ausverhandelt hat, überraschen ihn nicht. Er ist überzeugt, dass Verhandlungen laufen – was aber nicht neu sei. Denn Spanien stand in puncto Migration immer im Dialog mit Marokko.

Noch wichtiger, so Knaus, ist es jetzt, mit den Herkunftsländern zu sprechen: „Um den Menschen dort Anreize zu bieten, damit sie sich erst gar nicht auf den Weg in eines der Transitländer machen.“ Dafür bräuchte es einen Verhandler, den eine Koalition aus Staaten ernennen sollte.

Er ist zuversichtlich, dass es künftig eine Lösung mit Herkunftsstaaten geben könnte. Der spanische Außenminister Josep Borrell plädierte zuletzt im Interview mit dem Handelsblatt für solche Abkommen. Auch Kanzlerin Merkel sprach sich für legale Einwanderungskontingente aus.

Ein Vorschlag, der ebenfalls aus Knaus’ Denkfabrik kommt: Ein Aufnahmezentrum, etwa auf spanischem Boden, wo Asylverfahren schnell und fair entschieden werden sollten. Angesichts der wenigen Optionen wäre es aus seiner Sicht „moralisch und politisch korrekt“.

Fortschritte in diese Richtung zeichneten sich bei Merkels Besuch noch nicht ab. Dafür erklärte sie das Dublin-System spät, aber doch für „nicht funktionsfähig“. Alle EU-Staaten müssten sich künftig gemeinsam um Flüchtlinge kümmern – eine Kampfansage an Orbán und Co. Dissens gibt es also spätestens Ende September beim EU-Gipfel, wo sie auf jene Allianz trifft, die laut Knaus derzeit noch besser organisiert ist, als jene, die das Asylrecht erhalten wollen - „das muss sich ändern.“

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