Polens neue Pässe verärgern Ukraine und Litauen

Neris Germanas, der stellvertretende Außenminister Litauens.
Bilder aus früherem polnischen Gebiet in Litauen und der Ukraine sollen in die Dokumente.

Sowohl das Außenministerium der Ukraine wie Litauens protestierten diese Woche gegen ein polnisches Projekt – anlässlich der 100-Jahr-Feier der Unabhängigkeit will Polen für 2018 neue Pässe gestalten lassen. Unter den Motiven, über die im Netz abgestimmt werden kann, ist auch das Tor von Vilnius, Hauptstadt Litauens. Zudem soll bald auch für die Visaseiten der "Friedhof der jungen Adler" bei Lviv (Lemberg), der Stadt in der Westukraine, zu sehen sein.

"Sehr negative Folgen für die bilateralen Beziehungen" habe die Abbildung, so die ukrainische Note; "inakzeptabel" sei dies, so Neris Germanas, der stellvertretende Außenminister Litauens.

Das Tor wie der Friedhof befanden sich vor Beginn des Zweiten Weltkriegs auf polnischem Territorium, nach 1945 wurden die polnischen Ostgebiete der Sowjetunion zugeteilt, heute gehören sie zu Litauen, Weißrussland und der Ukraine.

Da das Tor von Vilnius bei den Internetnutzern auf Platz zwei liegt, gilt es als sicher, dass es verwendet wird, sollten die Proteste nicht beachtet werden. Bezeichnenderweise veröffentlichte das Staatsfernsehen TVP Info kurz nach der Aufregung um den neuen Pass eine 2014 heimlich aufgenommene Aussage des vormaligen Außenministers Radoslaw Sikorski: "Ich will die Litauer erziehen, bis sie verstehen, dass sie nicht einfach umsonst auf Polen kacken dürfen." Kontext war eine Diskussion um den Verkauf einer Raffinerie in Litauen, die dem polnischen Mineralölkonzern Orlen gehört. Das Verhältnis zwischen beiden Ländern gilt durch den umstrittenen Status der polnischen Minderheit in Litauen als belastet.

Auch die Beziehungen zu Deutschland sind durch Reparationsforderungen getrübt. Diese werden vom Parteichef der regierenden nationalkonservativen "Recht und Gerechtigkeit" (PiS), Jaroslaw Kaczynski, und Verteidigungsminister Antoni Macierewicz gestellt und in den Staatsmedien laufend wiederholt. Wie etwa Dienstagabend in den Abendnachrichten von TVP, in denen bei einem Bericht über deutsche Kriegsverbrechen 1944 in Warschau die Beteiligung ukrainischer Hilfstruppen erwähnt wurde.

Zustimmung

Die aktuellen Volten gegen die Nachbarländer haben auch einen internen Hintergrund, schließlich gilt der tonangebende 68-jährige Kaczynski als eingefleischter Innenpolitiker, der polnisches Territorium nur ungern verlässt. Derzeit muss der Strippenzieher einen Machtverlust verarbeiten – Staatspräsident Andrzej Duda, einstiger Ziehsohn, hat Ende Juli zwei Gesetzesentwürfe zur Justizform mit einem Veto belegt, da er sie nicht für verfassungsgemäß hält. Die Weigerung Dudas stürzte die Regierung in eine Krise. Vielleicht versucht es die polnische Führung nun mit einer Demonstration der Härte gegenüber den Nachbarländern, um den inneren Zusammenhalt zu stärken. Rückhalt in der Bevölkerung hat die PiS, auch dank großzügiger Sozialprojekte, gerade genug – aktuell wird sie von 40 Prozent der polnischen Wahlberichtigten unterstützt, der ehemaligen Regierungspartei "Bürgerplattform" (PO) vertrauen nur noch 21 Prozent.

Kommentare