Neue EU-Kommission: Die Schlüsselakteure an Europas Spitze
Präsidentin Ursula von der Leyen bekommt heute für ihr Team vom EU-Parlament grünes Licht. Welche ihrer Kommissare künftig Europas Politik prägen werden.
Wer sind sie – jene 27 Frauen und Männer, die ab Sonntag die Geschicke Europas maßgeblich beeinflussen werden? Mit einmonatiger Verspätung erhalten Ursula von der Leyen und ihre 26 Kommissare (ein britischer fehlt) heute in Straßburg endlich den Startbefehl vom Europäischen Parlament.
Eine einfache Mehrheit der EU-Parlamentarier genügt. Die steht schon fest, seit in der Vorwoche der letzte Kommissarskandidat, der Ungar Oliver Varhelyi, das Hearing des EU-Parlaments überstand.
Vorbei also die Ära von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker – die neue Zeitrechnung in mächtigsten Gremium der EU beginnt am Montag, und das erstmals mit einer Frau an seiner Spitze: Die 61-jährige ehemalige deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat nun zwar je einen Kommissar aus einem EU-Mitgliedsstaat an ihrer Seite. Doch nicht alle werden eine Schlüsselrolle spielen.
Priorität Klimawandel
Die vielleicht wichtigste fällt Frans Timmermans zu: Der niederländische Sozialdemokrat, der eigentlich selbst Kommissionschef werden wollte, ist für den Klimaschutz zuständig. Beim Ersten Vizepräsidenten laufen die Fäden zusammen, um in Europa die ökologische Wende voranzutreiben. „Binnen der ersten 100 Tage meiner Amtszeit werde ich ein Klimaschutzgesetz vorschlagen, das das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 in der EU-Gesetzgebung verankert“, versprach er.
Zusätzlich zum Kampf gegen den Klimawandel hat sich die neue Kommission ein zweites Hauptziel gesetzt: EuropasDigitalisierung. Die Schlüsselrolle fällt hier Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestagerzu. Die Dänin und nach Ursula von der Leyen mächtigste Frau in der Kommission soll bis Februar einen ersten Plan vorlegen, wie Europas Technologie und Wirken im Bereich der Künstlichen Intelligenz massiv gestärkt werden kann.
Und weil Klimaschutz, Forschung, digitaler Wandel und Neuorientierung der europäischen Wirtschaft nicht nur eine Mammutaufgabe ist, sondern auch zig Milliarden Euro kosten wird, kommt auch dem künftigen Hüter des EU-Budgets eine tragende Rolle zu: Johannes Hahn.
Österreichs lang gedienter Kommissar muss dafür sorgen, dass auch nach Brexit, also dem Ausfall der britischen Nettozahler, die Kassen der EU für die kommenden sieben Jahre gefüllt sind. Ein hartes Ringen steht ihm bevor: Nicht nur Österreich will nicht mehr ins EU-Budget zahlen als bisher.
Andererseits ist ein Budget nichts anderes als in Zahlen gegossene Politik. Und so wird Hahn auch dabei mitreden, wer wie viel von den künftigen EU-Milliarden bekommt – und große politische Linien ziehen.
Einer, der in den kommenden Jahren die Wirtschaftspolitik der EU mitprägen wird, ist Thierry Breton. Dabei hätte eigentlich die Französin Sylvie Goulard die Riesenressorts Industrie, Binnenmarkt, Raumfahrt und Verteidigung leiten sollen. Doch das EU-Parlament hatte die Kandidatin von Frankreichs Präsident Macron abgelehnt, woraufhin dieser den Top-Konzernmanager Breton nominierte. Der frühere Chef des Telekommunikationsunternehmens Atos soll den Rahmen dafür setzen, Europas Binnenmarkt zu schützen und Europas Industrie angesichts wachsender Herausforderungen aus China und den USA zu stärken. Die Herausforderung dabei: Strengere Umweltauflagen sollen nicht die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft schwächen.
Die heikle Aufgabe, in der EU für Rechtsstaatlichkeit zu sorgen, fällt schließlich Vera Jourova zu. Als neue Vizekommissarin muss sie sich mit den Problemen in Polen, Ungarn, aber auch in ihrem Heimatland Tschechien befassen. Ihr Vorteil: Sie kennt die Staaten des früheren Ostblocks bestens. Westeuropäische Arroganz, die Warschau und Budapest oft hinter der Kritik aus Brüssel wittern, kann man ihr nicht vorwerfen.
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