NATO dominiert neuen Leitfaden für die Armee

Militärdoktrin: Russlands Armee definiert neue alte Gegner, ohne sie beim Namen zu nennen.

Zwar taucht das Wort "Gegner" nicht auf im Text von Russlands neuer Militärdoktrin, die Kremlchef Wladimir Putin noch vor Jahresende in Kraft setzen will. Doch in der Kategorie "externe Bedrohungen" listet das vom Nationalen Sicherheitsrat eingesetzte Autorenkollektiv an prominenter Stelle US-Pläne für eine Raketenabwehr und eine weitere NATO-Erweiterung auf. Die Ukraine, Georgien und Moldawien drängen in das westliche Bündnis.

Ausführlich befasst sich die Doktrin mit der neuen Dimension bewaffneter Konflikte. Involviert seien neben regulären Truppen zunehmend Banden und Milizen, die sich nicht als Teil des Konflikts verstünden. Deren Interessen würden den Frontverlauf unübersichtlich machen und die Lage zusätzlich destabilisieren. So jedenfalls sieht es Igor Popow, der die Abfassung der neuen Doktrin koordinierte, gegenüber der Nesawissimaja Gaseta. Demzufolge hat der Westen das Konzept, das sich eher wie eine Zustandsbeschreibung der Lage in der von pro-russischen Separatisten kontrollierten Ost-Ukraine liest, entwickelt, um Moskau als geopolitischen Faktor auszuschalten. Darauf und auf Pläne, soziale Spannungen anzuheizen, um das "Protestpotenzial" nutzen zu können, müsse Russland reagieren.

Militärische Leitfäden waren schon in der Ära von Putins Amtsvorgänger Jelzin Gradmesser dafür, welcher Flügel sich im Machtstreit der Eliten durchsetzt: Die liberalen Westler, die sich für Kooperation mit den USA und Europa ins Zeug legen, oder ihre nationalkonservativen Gegenspieler, die Moskaus Einfluss im postsowjetischen Raum wiedererrichten wollen. Schon in der späten Jelzin-Ära tonangebend, entmachteten die Eurasier die Westler nach Putins Grundsatzrede auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2007.

Wie tief die Kluft ist, zeigt ein bei der Schlussredaktion aus dem Text gestrichener Passus über die Bedingungen für einen nuklearen Erstschlag. Das Konzept zur Umrüstung der Armee bis 2025 winkte der Nationale Sicherheitsrat dagegen trotz schlechter Wirtschaftslage durch. Vorrang haben die Verstärkung des atomaren Abschreckungspotenzials sowie die Entwicklung konventioneller Präzisionswaffen.

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