Nach zweijährigem Boycott: Nordirland könnte Regierung zurückbekommen

Nach zweijährigem Boycott: Nordirland könnte Regierung zurückbekommen
Der Chef der Democratic Unionists gab um 1 Uhr morgens eine Pressekonferenz. Zur Erinnerung: Im Februar 2022 hatte die DUP die Regierung aufgelöst. Grund waren die Post-Brexit-Handelsvereinbarungen von England.

Nach 729 Tagen und einer fünfstündigen, nächtlichen Debatte unter 120 Vorstandsmitgliedern könnte es endlich wieder soweit sein: Nordirland könnte wieder eine Regierung erhalten. Um 1 Uhr nachts erklärte Jeffrey Donaldson, Chef der Democratic Unionists (DUP),  die Partei sei bereit, die Arbeit in  der nordirischen Versammlung wieder aufzunehmen, wenn England die Handelskontrollen innerhalb des Königsreichs aufhebt. Damit könnte die republikanische Partei Sinn Féin bald den Ersten Minister stellen. 

Zur Erinnerung: Im Februar 2022 löst die DUP die Regierung auf, weil die Post-Brexit-Handelsvereinbarungen von England die Position Nordirlands untergraben hätten.

Um die Causa einordnen zu können, müssen wir ein wenig in die Vergangenheit blicken.

Nach zweijährigem Boycott: Nordirland könnte Regierung zurückbekommen

Blutiger Grenzkonflikt

1998 konnte mit dem Karfreitagsabkommen der 30-jährige, brutale, blutige Konflikt zwischen Unionisten (die Nordirland als Teil Großbritanniens sehen) und Republikaner (die ein vereintes Irland möchten) beigelegt werden. 

Um die Geschichte nicht wiederholen zu lassen, wurde im Abkommen festgehalten, dass es künftig keine harte Grenze zwischen Irland und Nordirland geben darf. Doch das wurde mit dem Brexit zum Problem, war doch die Grenze zwischen Nordirland und Irland auf einmal nicht nur eine Landes, sondern eine EU-Außengrenze, weil Irland  weiter Teil der EU war, Nordirland aber nicht. Unruhen waren die Folge.

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Nach langen Verhandlungen, wurden die Zollbedingungen auf die Irische See (also zwischen Nordirland und Großbritannien verlegt). Doch das konnten die Unionisten nicht akzeptieren - und traten den Regierungsboykott an. Denn in Nordirland müssen in jeder Regierung sowohl Unionisten (DUP) also auch Republikaner (Sinn Féin) im Stormont-Parlament sitzen. Auch das wurde im Karfreitagsabkommen festgehalten.

Nach zweijährigem Boycott: Nordirland könnte Regierung zurückbekommen

In den vergangenen zwei Jahren ließen die Beamten Nordirlands das Land quasi auf Autopilot laufen. Schwierig in einer Lebenskostenkrise, Streiks, bröckelnder öffentlicher Dienstleistungen und Zweifeln, ob die dezentrale Regierung jemals zurückkehren würde.

Unter Zeitdruck

Vor einer Woche bekam Jefferson vom britischen Nordirlandminister Christ Heaton-Harris ein Ultimatum: Bis 8. Februar musste sich die DUP entscheiden, ob sie ein von England angebotenes Paket annehmen und den Boykott beenden würde. Ansonsten sei Heaton-Harris gezwungen, Neuwahlen auszurufen. 

Nach zweijährigem Boycott: Nordirland könnte Regierung zurückbekommen

Der Druck war wohl ausreichend. Trotz Protestierenden – die sich den DUP-Mitgliedern auf dem Weg zur Versammlung in den Weg stellten und die Partei davor warnten, sich ja nicht verkaufen zu lassen, erklärte DUP-Chef Donaldson  um 1 Uhr morgens vor britischen Medien: "Das Ergebnis war eindeutig, die DUP hat sich entschieden. Ich wurde beauftragt, weiterzumachen." Die Details des Deals werden in den kommenden Tagen erwartet. 

Kommt es zu einer Regierung, wird erstmals Sinn Féin den Ersten Minister stellen. Die Partei hatte die DUP bei den Wahlen 2022 überholt. 

Doch trotz diesem Etappensieg, sollte dich Donaldson nicht zu sehr entspannen. Hochrangige Vertreter der DUP hatten zuvor bereits vor einem Kompromiss gewarnt, der lediglich die Grenze zur Irischen See verschieben würde. Konservative Abgeordnete werden das Abkommen anschließend prüfen. Und dann dürfte auch spannend sein, ob die neuen Regeln alle EU-Richtlinien einhalten. 

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