Nach Schülermord: Sechs jüdische Extremisten verhaftet

Der Jugendliche war am Mittwoch im Morgengrauen verschleppt und getötet worden. Regierung bemüht sich um Beruhigung der Gewaltausbrüche.

Nach einem der schlimmsten Gewaltausbrüche seit Jahren gehen in Nahost die Bemühungen um eine Entschärfung der gefährlichen Lage weiter. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu mahnte am Sonntag zu Zurückhaltung im Konflikt mit den Palästinensern. Israel leitete eine Untersuchung von Vorwürfen ein, Grenzpolizisten hätten einen palästinensischen US-Staatsbürger verprügelt. Und im Fall des in Ost-Jerusalem entführten und ermordeten palästinensischen Jugendlichen sind "jüdische Extremisten" als Tatverdächtige festgenommen worden. Entsprechende Medienberichte wurden am Sonntag von einer offiziellen israelischen Quelle bestätigt, die aufgrund einer Nachrichtensperre anonym bleiben wollte.

Bei den in diesem Zusammenhang Festgenommenen handelt es sich offenbar um Angehörige einer extremistischen jüdischen Gruppierung", sagte die Quelle der Nachrichtenagentur AFP.

Racheakt

Zunächst hatte die Zeitung Haaretz auf ihrer Website gemeldet, es seien sechs Tatverdächtige inhaftiert worden. Polizeisprecherin Luba Samri hatte zuvor auf Anfrage mitgeteilt: "Es gibt Hinweise, dass nationalistische Motive den Hintergrund der Tat bilden."

Nach Schülermord: Sechs jüdische Extremisten verhaftet
REFILE - ADDING DISCLAIMER Mohammed Abu Khudair, 16, is seen in this undated family handout picture released July 6, 2014. Israel has arrested suspects in the death of Palestinian teenager Mohammed Abu Khudair, Israeli media reported on Sunday, and a security source indicated that Jewish assailants were responsible for the abduction and killing. REUTERS/Handout via Reuters (Tags: CIVIL UNREST CRIME LAW POLITICS) ATTENTION EDITORS - THIS PICTURE WAS PROVIDED BY A THIRD PARTY. REUTERS IS UNABLE TO INDEPENDENTLY VERIFY THE AUTHENTICITY, CONTENT, LOCATION OR DATE OF THIS IMAGE. FOR EDITORIAL USE ONLY. NOT FOR SALE FOR MARKETING OR ADVERTISING CAMPAIGNS. NO SALES. NO ARCHIVES. THIS PICTURE IS DISTRIBUTED EXACTLY AS RECEIVED BY REUTERS, AS A SERVICE TO CLIENTS
"Der 16-jährige Mohammed Abu Khder war am Mittwoch im Morgengrauen auf dem Weg zur Moschee verschleppt worden. Kurz darauf wurde seine Leiche am westlichen Stadtrand von Jerusalem im Wald gefunden. Laut am Samstag von palästinensischer Seite veröffentlichten Autopsie-Ergebnissen wurde der Jugendliche offenbar bei lebendigem Leib verbrannt. Von Beginn an wurde vermutet, dass es sich um einen Racheakt für die Verschleppung und Ermordung von drei israelischen Teenagern Mitte Juni handelte.

US-Bürger verprügelt?

Israel untersucht indes Vorwürfe, Grenzpolizisten hätten einen palästinensischen US-Staatsbürger verprügelt. Justizministerin Tzipi Livni habe den Generalstaatsanwalt Yehuda Weinstein entsprechend angewiesen, berichteten israelische Medien am Sonntag. Das Justizministerium hatte am späten Samstag auch interne Ermittlungen der Polizei gegen die Beteiligten angekündigt.

Nach Schülermord: Sechs jüdische Extremisten verhaftet
Tariq Khdeir (C), a 15-year-old American of Palestinian descent and a cousin of Mohammed Abu-Khdeir, the youth whom Palestinians believe was abducted and murdered by far-right Israelis on Wednesday, is escorted by Israeli prison guards during an appearance at Jerusalem magistrate's court July 6, 2014. The United States called for speedy investigation of an incident in which Khdeir appeared to have been badly beaten by Israeli paramilitary police during riots in East Jerusalem. A police spokesman said Khdeir was one of six rioters caught and detained in the incident, three of whom were found to be carrying knives. REUTERS/Ronen Zvulun (JERUSALEM - Tags: POLITICS CRIME LAW CIVIL UNREST TPX IMAGES OF THE DAY)
Livni sprach nach Angaben der ZeitungMaarivvon einer "sehr schwerwiegenden Tat von Männern in Uniform". Israelische Medien zeigten ein Video,auf dem zu sehen ist, wie Polizisten auf eine auf dem Boden liegende Person einschlagen und -treten. Es handelte sich den Berichten zufolge um den Cousin des 16-jährigen Palästinensers, der am Mittwoch tot aufgefunden wurde und laut vorläufigem Autopsiebericht bei lebendigem Leibe verbrannt ist. In sozialen Netzwerken kursierten am Sonntag Bilder des 15-jährigen Cousins mit geschwollenem Gesicht.

Das Washingtoner Außenministerium verlangte am Samstagabend eine rasche Untersuchung des Vorfalls. Israelische Medien zitierten Vertreter der Grenzpolizei mit dem Vorwurf, das Video sei "manipuliert" worden. Insgesamt seien bei dem Vorfall am Donnerstag sechs maskierte Palästinenser festgenommen worden, von denen drei mit Messern bewaffnet gewesen seien. Sie hätten sich der Festnahme widersetzt und die Polizisten angegriffen.

Bemühungen um Waffenruhe

Die Bemühungen um eine neue Waffenruhe zwischen Israel und der im Gazastreifen herrschenden Hamas dauern in der Zwischenzeit an. Der ägyptische Geheimdienst vermittle zwischen beiden Seiten, berichtete der israelische Rundfunk am Sonntag. Als Reaktion auf den anhaltenden Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen griff die israelische Luftwaffe allerdings am Sonntag zehn Extremisten-Ziele in dem Küstenstreifen an.

Nach der Entführung von drei jüdischen Teenagern wachsen die Spannungen zwischen Israel und den Palästinensern. Israel startete die größte Militäroperation seit zwölf Jahren gegen die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas im Westjordanland. Die Luftwaffe griff auch Stellungen der Hamas im südlichen Gazastreifen an, aus dem zurückgefeuert wurde. Mehrere Menschen starben.

12. Juni 2013 - Drei jüdische Religionsschüler - zwei 16-Jährige und ein 19-Jähriger - verschwinden am späten Abend auf dem Heimweg von ihrer Schule in einer Siedlung bei Bethlehem im Westjordanland.

13. Juni - Es wird befürchtet, dass sie von militanten Palästinensern entführt wurden.

15. Juni - Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu macht die radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas für die Entführung der Jugendlichen verantwortlich. Die Armee riegelt als Teil der Suche nach den Jugendlichen das südliche Westjordanland ab.

16. Juni - Netanyahu fordert Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas zur Hilfe bei der Suche nach den Jugendlichen auf.

18. Juni - Abbas verurteilt die Entführung der Jugendlichen und fordert deren Freilassung. Israels Armee hat bei Razzien inzwischen 240 Palästinenser festgenommen, darunter viele Hamas-Mitglieder.

19. Juni - Israel geht eine Woche nach der Entführung der Jugendlichen weiter massiv gegen die Hamas vor. Ein Sprecher der Palästinenserorganisation wirft Israel vor, mit seiner Offensive im Westjordanland das "Tor zur Hölle" aufgestoßen zu haben. Netanyahu fordert Abbas zum Bruch mit der Hamas auf. Dessen gemäßigte Fatah hatte zu Monatsbeginn eine Einheitsregierung mit Hamas gebildet.

26. Juni - Israels Geheimdienst hat nach eigenen Angaben die Entführer der drei Jugendlichen identifiziert. Es handle sich um zwei ehemalige Häftlinge aus Hebron, Mitglieder der Hamas.

29. Juni - Zehntausende Menschen demonstrieren in Tel Aviv für die Freilassung der Teenager.

30. Juni - Die Leichen der Vermissten werden unter einem Steinhaufen auf einem Feld in der Nähe von Hebron gefunden. Die Schüler waren offensichtlich schon kurz nach der Entführung erschossen worden. Israel droht der Hamas mit einer harten Reaktion. Hunderte Demonstranten in Jerusalem fordern Rache für den Mord. In der Nacht fliegt die Luftwaffe massive Angriffe auf Ziele im Gazastreifen. Zuvor war Israel mit etwa 20 Raketen beschossen worden.

2. Juni - Die Leiche eines verschleppten 16-jährigen Arabers wird in einem Wald bei Jerusalem gefunden. Israelische Medien sprechen von möglicher Rache rechtsgerichteter Israelis für den gewaltsamen Tod der jüdischen Jugendlichen. Im arabischen Ostteil Jerusalems kommt es zu schweren Krawallen. In der Nacht fliegt die israelische Luftwaffe erneut zahlreiche Angriffe im Gazastreifen.

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