Nach mutmaßlichen russischen Hackerangriffen: Obama will Vergeltung, Trump dagegen

Donald Trump und Barack Obama (Archivbild)
Russische Hacker sollen Präsidentschaftswahlkampf in den USA beeinflusst haben. Noch-Präsident Obama könnte schon sehr bald Sanktionen gegen Moskau verhängen. Trump gegen Vergeltung.

Der scheidende US-Präsident Barack Obama steht laut einem Bericht kurz davor, wegen des Vorwurfs russischer Hackerangriffe Strafmaßnahmen gegen Moskau zu verhängen. Die Regierung wolle möglicherweise schon am Donnerstag eine Reihe von Schritten verkünden, berichtete der Sender CNN am Mittwoch (Ortszeit) unter Berufung auf mit der Sache vertraute Personen.

Dazu könnten demnach auch erweiterte Sanktionen sowie diplomatische Maßnahmen zählen. Die US-Regierung beschuldigt Russland, hinter einer Reihe von Angriffen auf Computersysteme der Demokraten zu stehen, und sich so in die Präsidentschaftswahl eingemischt zu haben. Der Kreml weist die Vorwürfe zurück.

"Lächerlich"

Die Enthüllungsplattform Wikileaks hatte im Sommergehackte E-Mailsvon Mitgliedern und Mitarbeitern des Parteivorstandes der Demokraten veröffentlicht. Der Geheimdienst CIA kam laut Berichten zu der Einschätzung, dass Russland durch die Cyberattacken gezielt in die Wahl eingegriffen habe, um Donald Trump zum Sieg zu verhelfen. Obama hatte vor einigen Tagen deutlich wie nie Vergeltung für die Angriffe angekündigt. Laut einem Pressebericht schreibt inzwischen nicht nur die CIA, sondern auch das FBI die Cyberattacken Russland zu. Trump hatte dies als "lächerlich" bezeichnet.

Obama machte Wladimir Putin vergangene Woche so deutlich wie noch nie direkt für die Hackerangriffe auf die US-Demokraten verantwortlich. In Russland geschehe kaum etwas ohne die Zustimmung von Staatschef Putin, sagte er. Das Ziel seiner Regierung sei weiterhin, "eine klare Botschaft an Russland oder andere zu senden, so etwas nicht zu tun, weil wir Dinge mit ihnen machen können".

Nach mutmaßlichen russischen Hackerangriffen: Obama will Vergeltung, Trump dagegen
(FILES) This file photo taken on November 30, 2015 shows Russian President Vladimir Putin (L) meeting with US President Barack Obama on the sidelines of the UN conference on climate change - COP21 in Le Bourget, on the outskirts of the French capital Paris. Barack Obama on December 15, 2016 said the United States would retaliate against Russian hacking after the White House accused Vladimir Putin of direct involvement in cyberattacks designed to influence the US election. / AFP PHOTO / SPUTNIK / MIKHAIL KLIMENTYEV
Nach eigener Aussage hatte Obama Putin bereits im September aufgefordert, die Einmischung in den US-Präsidentschaftswahlkampf durch Cyberattacken zu stoppen. Er habe sicherstellen wollen, dass die Hackerangriffe nicht eskalieren und den Auszählungsprozess der Wahl nicht behindern, sagte Obama.

Trump gegen Vergeltung

Der zukünftige US-Präsident Donald Trump hat sich gegen Vergeltungsmaßnahmen für mutmaßliche russische Hackerangriffe auf die US-Demokraten im Wahlkampf ausgesprochen. Man sollte die Sache auf sich beruhen lassen, sagte der Republikaner am Mittwoch auf die Frage eines Journalisten. "Ich glaube, Computer haben unser Leben sehr kompliziert gemacht. Das ganze Computerzeitalter hat dazu geführt, dass niemand so genau weiß, was eigentlich vor sich geht." Auch der republikanische Senator Lindsey Graham kündigte am Mittwoch an, Russland müsse sich auf scharfe Sanktionen gefasst machen. Trump sagte, Grahams Aussage sei ihm nicht bekannt.

Die Regierung in Moskau hat die US-Vorwürfe zurückgewiesen. Die US-Bundespolizei FBI, der Geheimdienst CIA und der Leiter der Nationalen Geheimdienste zeigen sich dagegen überzeugt, dass Russland hinter einer Serie von Angriffen auf Computer der Demokraten vor der Wahl am 8. November steckt. Hochrangigen US-Vertretern zufolge wird ebenfalls davon ausgegangen, dass Russland Trump im Wahlkampf gegen seine demokratische Rivalin Hillary Clinton unterstützen wollte. Der Milliardär hat wiederholt den russischen Präsidenten Wladimir Putin gelobt.

Obama wird am 20. Jänner von Trump abgelöst, der für ein engeres Verhältnis zu Russland eintritt. Als seinen Außenminister hat der Immobilienmilliardär den Chef des Ölriesen ExxonMobil nominiert, der enge geschäftliche Kontakte zu Russland pflegt. Trump ging zudem auf Distanz zu den US-Geheimdiensten. Er wolle auf die täglichen Unterrichtungen durch die Geheimdienste verzichten und die Dienste mit seinen "eigenen Leuten" besetzen, sagte er in einem Interview vom vergangenen Wochenende.

Das ist Trumps Regierungsmannschaft:

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Chairman of the House Budget Committee Tom Price a
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HUD Secretary-nominee Ben Carson meets with Senate
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Puzder, CEO of CKE Restaurants, takes part in a pa
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CEO of Republican presidential nominee Donald Trum
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File picture of Goldman Sachs President and COO Co
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Unter dem Namen "Sofacy/APT28" wird in westlichen IT-Sicherheitskreisen eine Hacker-Gruppe geführt, bei der eine Verbindung zu russischen Regierungsstellen vermutet wird. Das US-Sicherheitsunternehmen Fireeye sieht in "APT28" eine "kriminelle russische Organisation". Experten mutmaßen das Kollektiv hinter den Hackerangriffe ihm Zuge der US-Präsidentschaftswahl 2016.

Die Abkürzung APT steht für Advanced Persistent Threat (etwa: fortgeschrittene andauernde Bedrohung). Der zweite Name für das "APT28" - "Sofacy" - geht auf die Bezeichnung für eines der Angriffsprogramme der Gruppe zurück. "APT28" ist im Web auch unter den Namen "Fancy Bear" oder "Operation Pawn Storm" bekannt.

Der IT-Sicherheitsfirma Crowdstrike zufolge soll das Kollektiv im Auftrag des russischen Geheimdienstes FSB handeln und für Hackerangriffe im Vorfeld der US-Wahl auf die Computersysteme der US-Demokraten verantwortlich sein - Stichwort: Wikileaks-Veröffentlichung von privaten E-Mails der demokratischen Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton. Crowdstrike nennt in seinem Bericht neben APT28 auch APT29. Diese Gruppe soll vom russischen Militärnachrichtendienstes GRU beauftragt sein. Der Bericht des IT-Unternehmens mit Hauptsitz im US-Staat Kalifornien wurde in der Zwischenzeit von zwei weiteren Sicherheitsfirmen bestätigt.

Nicht genügend schlüssige Beweise gibt es einigen Experten zufolge hingegen für einen russischen Ursprung der Attacke auf den deutschen Bundestag im Sommer, weil die von "APT28" eingesetzte Software im Internet verfügbar sei. Deutsche Sicherheitsbehörden gehen allerdings ebenfalls davon aus, dass russische Hacker mit staatlichem Hintergrund Urheber der Attacken sind.

Dem Hackerkollektiv werden auch Angriffen gegen die NATO sowie Regierungsstellen und Journalisten in Osteuropa und im Kaukasus zugeschrieben, wenngleich auch hier die Beweise nicht eindeutig sind. Allerdings entsprechen die Zeitstempel in der Schadsoftware, die dabei eingesetzt wurde, den üblichen Arbeitszeiten im europäischen Teil Russlands. Außerdem gibt es Belege dafür, dass die Autoren Russisch sprechen.

Die französischen Behörden haben vor dem Wahljahr 2017 vor politisch motivierten Hackerangriffen wie im US-Wahlkampf gewarnt. "Es gibt Cyberangriffe, um Politik zu machen, um die Meinung zu beeinflussen", sagte der Leiter der nationalen Agentur für die Sicherheit von Informationssystemen, Guillaume Poupard, am Mittwoch in Paris.

So seien in Frankreich ähnliche Hackerangriffe wie jene im US-Präsidentschaftswahlkampf festgestellt worden. Der Verdacht fällt auch hier auf Russland.

Die Behörden informierten die französischen Parteien schon im Oktober darüber, welche Gefahren es gibt und wie sie sich schützen können. Louis Gautier vom Generalsekretariat für nationale Verteidigung und Sicherheit sagte, es gebe drei Risiken: Dass Hacker Daten wie Wählerverzeichnisse erbeuten, in den Wahlprozess eingreifen oder bestimmte Kandidaten diskreditieren.

Im US-Präsidentschaftswahlkampf hatten Hacker E-Mails des Wahlkampfmanagers der demokratischen Kandidatin Hillary Clinton erbeutet und das Computernetzwerk der Demokratischen Partei gehackt. Washington wirft dem Kreml vor, hinter den Attacken zu stehen, um die Meinung der US-Wähler zugunsten des republikanischen Wahlsiegers Donald Trump zu beeinflussen. Russland hat eine Verwicklung zurückgewiesen.

Die deutschen Behörden befürchten inzwischen ebenfalls eine russische Einmischung in den anstehenden Bundestagswahlkampf, durch Hackerangriffe und Propaganda- und Desinformationskampagnen.

In Frankreich wird im April und Mai ein neuer Präsident gewählt, im Juni stehen dann die Parlamentswahlen an. Der konservative Präsidentschaftskandidat Francois Fillon gilt als russlandfreundlich - ebenso wie die rechtsextreme Front National (FN) von Marine Le Pen.

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