Denn im norddeutschen Bundesland Niedersachsen war Jörg Bode (CDU) vom 30. Juni bis zum 1. Juli 2010 einst für wenige Stunden geschäftsführender Ministerpräsident. Christian Wulff hatte das Amt niedergelegt, um als Bundespräsident in Schloss Bellevue nach Berlin zu wechseln. Tatsächlicher Nachfolger von Wulff war in Niedersachen dann David McAllister, Bode quasi ein Platzhalter.
Eine lange Amtszeit war Wulff aber als Bundespräsident selbst nicht beschieden. Nach nicht einmal zwei Jahren bzw. 598 Tagen wurden ihm in der sogenannten Wulff-Affäre angenommene Urlaubseinladungen und andere Gefälligkeiten der niedersächsischen Wirtschaft zum Verhängnis. Vor Gericht blieb später davon nichts Strafbares übrig, Wulff wurde 2014 freigesprochen.
Eine ähnliche Rolle wie dem Eintages-Ministerpräsidenten Bode kam in Österreich vergangenes Jahr Ex-Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) zu. Er leitete von 28. Mai bis 3. Juni für wenige Tage die Kanzler-Agenden, nachdem die Regierung Kurz durch ein Misstrauensvotum des Parlaments des Amtes enthoben worden war.
Ähnlich kurz standen die Expertenminister Eckart Ratz (Inneres), Walter Pöltner (Soziales), Valerie Hackl (Verkehr) und Johann Luif (Verteidigung) an der Spitze ihrer Ressorts. Sie wurden im allgemeinen Ibiza-Chaos am 22. Mai angelobt, am 3. Juni waren ihre Ministerämter schon wieder passé.
Andere, nicht ganz so kurze Amtszeiten in Österreich: Bundeskanzler Christian Kern (580 Tage), Kanzler Alfred Gusenbauer (691 Tage), Vizekanzler Wilhelm Molterer (auch 691 Tage), Bundeskanzler Sebastian Kurz (516 Tage, allerdings mit späterer Rückkehr), Vizekanzler Heinz-Christian Strache (516 Tage, keine spätere Rückkehr). Besonders flüchtig war indes der Eindruck, den der Anwalt und Ex-FPÖ-Politiker Michael Krüger im Justizministerium hinterließ: Er stand dem Ressort nur vom 4. bis zum 29. Februar 2000 vor.
Kurze Amtszeiten gab es aber auch viel früher immer wieder - nicht zuletzt, wenn ein Staatsmann im Amt starb. Der Brite George Canning etwa hatte mehrere Ministerposten inne, bevor er für die letzten 118 Tage seines Lebens im Jahr 1827 Premierminister im Vereinigten Königreich wurde. Der frühzeitliche Konservative starb mit 57 Jahren.
William Henry Harrison war der neunte Präsident der Vereinigten Staaten - und bis heute der am kürzesten regierende. Am 4. März 1841 hielt er noch die mit zwei Stunden längste Rede zur Amtseinführung eines US-Präsidenten. Nur einen Monat nach der Vereidigung war er bereits an einer Lungenentzündung gestorben. Man sagt, diese habe er sich Harrison ausgerechnet während seiner Marathon-Rede zugezogen.
Auch im Vatikan gab es im 20. Jahrhundert ein besonders kurzes Pontifikat - dieses ist wie vieles im Kirchenstaat, von Mythen umrankt. So wurde Johannes Paul I. (bürgerlich Albino Luciani) am 26. August zum Papst gewählt, bereits am 28. September verstarb er.
Schnell bildeten sich um den Tod des Italieners Verschwörungstheorien. Er sei vergiftet worden, weil er Korruption in der Vatikanbank aufdecken wollte, hieß es zum Beispiel. Andere wähnten die Jesuiten, die Freimaurer oder sogar Außerirdische hinter dem Ableben des Papstes. Beweise für ein Verbrechen gab es aber keine. Der britische Journalist John Cornwell sagte nach einer Untersuchung des Todes, der 67-jährige Johannes Paul I. sei am Ende seines Lebens schlicht krank, einsam und von Todesahnungen erfüllt gewesen.
Alle diese Amtsperioden kann nur Louis Antoine d’Artois unterbieten. Der Bourbone hätte 1830 der König von Frankreich werden können, nachdem sein Vater Karl X. hatte abdanken müssen. Allerdings verzichtete er zugunsten seines Neffen - für die Entscheidung hatte er sich 20 Minuten Zeit genommen. Für seine Zeitgenossen und auch viele heute lebende Franzosen gilt Louis Antoine damit als der König mit der kürzesten Regentschaft. Auch wenn Historiker diese Sichtweise nicht teilen.
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