USA

Muellers Büro rückt Trump zu Leibe

Trump im März 2016 mit „Kronzeugen“ George Papadopoulus (3.v.l.)
Nach neuen Ermittlungsergebnissen zu den Russland-Kontakten hängt der US-Präsident in den Seilen.

Süßes oder Saures? Für Donald Trump gab es vor dem offiziellen Halloween-Brauch mit First Lady Melania und Dutzenden geladenen Kindern, die sich im Garten des Weißen Hauses Schokolade und Bonbons abholen konnten, am Montagabend eine Kostprobe, deren Bitterkeit lange nachwirken wird.

Erst erfuhr Amerikas Präsident per TV, dass es seinem ehemaligen Wahlkampf-Chef Paul Manafort und dessen rechter Hand Rick Gates an den Kragen geht. Sonder-Ermittler Robert Mueller, einst Chef der Bundespolizei FBI, klagt beide der "Verschwörung gegen die Vereinigten Staaten von Amerika" und elf weiterer Delikte an. Eine Richterin stellte die Männer bei Kautionen bis zu zehn Mio. Dollar unter Hausarrest und nahm ihnen die Pässe ab. Fluchtgefahr.

Reflexartig zog Trump, der nach Schilderungen von Angestellten im Weißen Haus "vor Wut kochte", via Twitter eine Brandmauer hoch. Was Manafort und Gates vorgehalten werde, liege "viele Jahre zurück" und habe mit ihm überhaupt nichts zu tun, erklärte er. Und, so Trump: "No collusion!" – es gab keine verbotenen Absprachen mit den Russen. Basta.

Stresstest

Eine Behauptung, die 15 Minuten später einem spektakulären Stresstest unterzogen wurde – und ihn laut vielen US-Medien nicht überstand. Robert Mueller, Vietnam-Veteran, Republikaner, 73 Jahre alt und über Parteigrenzen hinweg anerkannter Staatsanwalt, hatte dafür gesorgt, dass Amerika von der Existenz eines bis dahin weithin unbekannten 30-jährigen Mannes erfuhr, der der Russland-Affäre einen für Trump brisanten Dreh gibt.

George Papadopoulus, im Frühjahr 2016 noch von Trump als "exzellenter Typ" im Kreise seiner außenpolitischen Wahlkampf-Berater willkommen geheißen, hatte am 5. Oktober ein umfassendes Geständnis abgelegt, das es in sich hat. Danach hatte Papadopoulos das FBI zunächst nach Strich und Faden belogen, als es um angeblich harmlose Kontakte im Frühjahr 2016 zu einem in London ansässigen Professor mit Kreml-Kontakten ging. Fakt ist: Joseph Mifsud bot Trumps Berater "Schmutz" in Form von "Tausenden E-Mails" aus Verzeichnissen Hillary Clintons an – und zwar zwei Monate, bevor sie in den USA publik wurden.

Packelei

Mehr noch: Papadopoulus berichtete Fahndern, dass er mit Ermutigung höherer Stellen in der Wahlkampagne an Geheim-Kontakten zum Kreml gebastelt habe. "Trump wird diese Reisen nicht machen", schrieb Wahlkampf-Manager Paul Manafort in einer sichergestellten Mail. "Es sollte jemand auf niedriger Ebene machen." Nach Ansicht von Strafrechtlern ein "klares Indiz" für Packeleien zwischen Trumps Leuten und Putin-Getreuen.

Aber das ist nur der Anfang. Papadopoulus, den das Weiße Haus umgehend als "kleinen, freiwilligen und unwichtigen" Helfer abtat, kooperiert offenbar seit drei Monaten mit Muellers Fahndern. Kriminologen gehen davon aus, dass er seither verkabelt war und Gespräche aus dem Umfeld Trumps heimlich aufgenommen hat.

Einer, der das Prekäre der neuen Situation sofort erfasst hat, ist Stephen Bannon. Trumps Ex-Chefberater glaubt, die Anwälte des Präsidenten seien "hinter dem Lenkrad eingeschlafen". Er fordert aggressive Attacken auf Mueller und dessen Team – etwa die Beschneidung deren Etats. Dagegen sprechen sich auch prominente Republikaner aus. Mueller, sagen sie, müsse seine Arbeit beenden dürfen.

Weitere Gefahr

"Für Trump kann es da schon zu spät sein", glauben oppositionelle Demokraten. Dann nämlich, wenn Manafort (68) und Gates (45) ihr Strafmaß senken wollen und auspacken. Allein der Geldwäsche-Tatbestand kann ihnen 20 Jahre Haft einbringen. Würde Manafort auspacken kämen unweigerlich Donald Trump Jr., Schwiegersohn Jared Kushner, die Berater Carter Page und Roger Stone, der frühere Nationale Sicherheitsberater Michael Flynn und wohl auch Justizminister Jeff Sessions in Bedrängnis, der hatte ja jede Absprache mit den Russen auch vor dem US-Senat kategorisch ausgeschlossen.

Für Trump ist die Eskalation äußerst unwillkommen. Sie lenkt ab von seiner "Amerika-zuerst"-Agenda. Die zerstrittenen Republikaner wollen am Mittwoch beweisen, dass sie bei der Steuer-Reform liefern können. Am Freitag schließlich bricht Trump zu einer Auslandsreise nach Asien auf. Auch dort droht – Stichwort Nordkorea – nicht nur kulinarisch Süßsaures.

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