"Mr. Euro" Jean-Claude Juncker kehrt zurück

Die EVP kürt am Freitag ihren Kandidaten für die Führung der nächsten Kommission

Jean-Claude Juncker steht vor einem Comeback auf europäischer Bühne – zumindest für die Dauer des Europa-Wahlkampfs. Die Europäische Volkspartei wählt am Freitag, ihren Spitzenkandidaten für die EU-Wahl – und beim EVP-Kongress in Dublin sprach alles dafür, dass Luxemburgs Ex-Premier gegen den Sozialdemokraten Martin Schulz um die Spitze der EU-Kommission rittern wird. Der lettische Ex-Regierungschef Dombrovskis zog sich kurzfristig zurück und sprach sich für Juncker aus. Binnenmarktkommissar Michel Barnier, einziger verbleibender Gegenkandidat, galt längst als chancenlos.

Die wichtigsten Fragen zur Wahl des nächsten Kommissionspräsidenten:

Was ist bei dieser Wahl anders? Warum gibt es erstmals "EU-Spitzenkandidaten"?

Nach jeder Europa-Wahl wird auch die EU-Kommission neu besetzt. Bisher gab es keinen direkten Zusammenhang: Der Kommissionspräsident wurde von den EU-Regierungschefs bestimmt. Nach einer EU-Vertragsänderung wählt ihn jetzt das EU-Parlament. Deswegen haben die meisten Parteienfamilien neben den nationalen Kandidaten einen "EU-Spitzenkandidaten" aufgestellt: Ihr Kandidat für den Job des Kommissionschefs.

Kann ich auch in Österreich für die EU-weiten Spitzenkandidaten stimmen?

Nein. Die EU-Spitzenkandidaten spielen bei dieser Wahl noch keine offizielle Rolle. Wie gehabt gibt man seine Stimme für die nationalen Parteien ab. So kann man Schulz & Co. indirekt unterstützen: Die SPÖ setzt sich in Brüssel für Schulz als Kommissionspräsident ein, die ÖVP für Juncker, usw.

Wie funktioniert die Wahl des Kommissionspräsidenten nun genau?

Die Regierungschefs haben weiter die Aufgabe, einen Kandidaten zu nominieren. Dabei müssen sie laut EU-Vertrag die Mehrheitsverhältnisse im neu gewählten Parlament berücksichtigen – schließlich braucht der Neue bei der Abstimmung dort eine Mehrheit.

Wird der Spitzenkandidat der stärksten Fraktion automatisch Kommissionschef?

Nein. Man wird sich wohl darauf verständigen, dass der Kandidat der stimmenstärksten Gruppe – wie üblicherweise bei Regierungsbildungen – als Erster versuchen darf/soll, eine Mehrheit im Parlament zu finden. Scheitert er, versucht es der Kandidat der zweitgrößten Parteienfamilie, usw. Die Mehrheitssuche könnte schwierig werden, weil Sozial- und Christdemokraten gleichauf sein dürften und es erfahrungsgemäß kompliziert ist, mit den Mandataren von rechts- bzw. linksaußen eine Mehrheit gegen eine der beiden großen Fraktionen zu bilden.

Könnten die Regierungschefs auch einen Überraschungskandidaten nominieren?

Ja. Sie können nominieren, wen sie wollen – solange es realistisch ist, dass er eine Mehrheit im Parlament erhält. Die Abgeordneten werden es sich aber kaum bieten lassen, dass man monatelang ein Duell der Spitzenkandidaten bewirbt und dann jemanden vorschlägt, der gar nicht zur Wahl stand.

Wird es ein Personalpaket geben mit anderen Spitzenpositionen in Brüssel?

Zumindest informell wird das eine Rolle spielen. Neben der Kommission erhält auch das Parlament einen neuen Präsidenten; Ratspräsident Van Rompuy und Außenbeauftragte Ashton werden ebenfalls nachbesetzt.

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