Der Mossad als Israels Vollstrecker: "Unsere Hände werden sie fangen"

Sein Dienst sei „verpflichtet“, so David Barnea, die führenden Köpfe der Hamas zu jagen, die hinter dem Massaker vom 7. Oktober stecken. „Es wird Zeit brauchen, so wie es nach dem Massaker in München Zeit brauchte. Aber unsere Hände werden sie fangen, wo immer sie sind.“
Der Mossad-Chef hat Wort gehalten: Dutzende hochrangige Hamas-Kommandeure, darunter Ismail Haniyeh, Yahya Sinwar, Mohammed Deif, konnten die Israelischen Verteidigungskräfte zur Strecke bringen. Dazu kommt eine Vielzahl an Kommandanten verschiedener Terrorbrigaden.
Rehabilitiert
Parallel dazu schwächte Israel durch beispiellose Aktionen die einst so mächtige Terrororganisation Hisbollah, tötete deren Führer Hassan Nasrallah und zahlreiche weitere Kommandanten. Die Informationen und das Netzwerk für Aktionen wie diese hat nur der israelische Auslandsgeheimdienst Mossad – einer der legendärsten Geheimdienste der Welt. Spätestens mit dem Beginn der Operation „Rising Lion“, der „Pager-Operation“ vergangenen Jahr gegen die Hisbollah und zahlreichen anderen Coups ist der Mossad in Expertenkreisen rehabilitiert.
Nach dem Hamas-Massaker vom 7. Oktober 2023 mit über 1.200 Toten und zahlreichen Geiseln, von denen nach wie vor 53 in der Hand der Terroristen sind, gab es Kritik. Wie konnte der mächtige Mossad den Terrorakt nicht kommen sehen? Zwar fällt der Gazastreifen in den Zuständigkeitsbereich des Inlandsgeheimdienstes Shin Bet – doch auch im Ausland sind Geldströme geflossen und Vorbereitungen für den Terrorangriff getroffen worden.
Beschützer Israels
Gegründet 1949 als Beschützer Israels zwischen feindlich gesinnten arabischen Staaten, soll der Mossad heute ein paar Tausend „Angestellte“ haben, und der größte Geheimdienst nach der CIA sein. Im Vergleich zu anderen Geheimdiensten ist die Zahl der operativen Mitarbeiter gering – dafür soll der Mossad über ein enormes Netz an „Freiwilligen“ auf der ganzen Welt verfügen. Mit einem Klick kann man sich auf der Website „bewerben“ – muss dafür aber israelischer Staatsbürger sein.
Im Herbst 2024 startete Israel eine geheime Operation gegen die Führungsebene der Hisbollah – auch als „Pager“-Attacke bekannt. Ziel war es, durch präzise und nahezu gleichzeitig durchgeführte Schläge die Kommando- und Kommunikationsstruktur der vom Iran unterstützten Miliz entscheidend zu schwächen. Benutzt wurden dafür Pager und Funkgeräte, die der Mossad wahrscheinlich selbst – als Scheinfirma getarnt – produziert und an die Hisbollah verkauft hatte.
Die Operation basierte auf monatelanger Vorarbeit des israelischen Auslandsgeheimdienstes, der durch abgefangene Kommunikation, Spionage und Informanten die Aufenthaltsorte mehrerer hochrangiger Hisbollah-Kommandeure identifiziert hatte.
Mit der gleichzeitigen Zündung der Pager – und einem Tag später der Zündung mehrerer Walkie-Talkies, setzte der Mossad einen großen Teil des Hisbollah-Führungskaders außer Gefecht. Bis zu 4.000 Verletzte – darunter auch der iranische Botschafter im Libanon, der selbst einen solchen Pager bei sich trug – wurden gemeldet. Selbst die Hisbollah sprach von 1.500 Ausfällen in ihren Reihen. Die Operation gilt als eine der effektivsten verdeckten Aktionen Israels seit Jahren und stärkte das Image des Mossad massiv.
Das Hauptquartier liegt im Norden Tel Avivs, die Adresse ist bekannt, eine Besichtigung aber nicht möglich. Selbst Experten haben nur beschränkten Einblick in die Arbeit des Mossad.
Auch das macht ihn – genauso wie den Shin Bet – so legendär, inspiriert Bücher, Filme und Fernsehsendungen.
Sein Prestige verdankt er seinen großen Coups: Neben der Eichmann-Entführung brachte der Mossad etwa einen irakischen Piloten dazu, mit einer MiG-21 nach Israel zu flüchten. Auch für die CIA war der Besitz des sowjetischen Abfangjägers ein großer Erfolg. Auf den Olympia-Terroranschlag in München 1972, bei dem palästinensische Terroristen elf israelische Sportler und einen Polizisten töteten, antwortete der Mossad mit der Vergeltungsaktion „Der Zorn Gottes“.
Im Mai 1960 gelang dem israelischen Geheimdienst Mossad einer der spektakulärsten Coups seiner Geschichte: die Festnahme von Adolf Eichmann, einem der Hauptorganisatoren der nationalsozialistischen Judenvernichtung.
Nach Jahren auf der Flucht lebte Eichmann unter falschem Namen in Buenos Aires, Argentinien. Dort entdeckten ihn Mossad-Agenten nach einem Hinweis eines Holocaust-Überlebenden. Am Abend des 11. Mai 1960 schlugen die Agenten zu: Als Eichmann aus dem Bus stieg, wurde er überwältigt und in ein sicheres Versteck gebracht.
Unter Betäubung und mit falschen Papieren schmuggelten ihn die Israelis an Bord einer El-Al-Maschine nach Tel Aviv. Dort wurde er nach einem Prozess hingerichtet.
Zwei Weisungen
Die Suche nach den dafür verantwortlich gemachten Tätern dauerte fast zwei Jahrzehnte, führte durch Europa und Nahost, über 20 mutmaßliche Verantwortliche wurden getötet. Kritiker werfen dem Mossad komplett freie Handhabe ohne demokratische und gesetzliche Kontrolle vor.
Es herrsche eine extreme Geheimhaltungspolitik: Jahrzehntelang war die Veröffentlichung des Namens des Mossad-Chefs sowie die Erwähnung des Geheimdienstes selbst verboten.
Im Wesentlichen unterliegt der Mossad nur zwei Weisungen: Niemals darf er sich gegen das eigene Volk wenden, weder Juden noch Israelis – selbst Deserteure nicht – umbringen (was nicht immer gelang). Und: Der israelische Premier hat das letzte Wort. Daran hält sich der Mossad bedingungslos.
Zuletzt hat der Mossad seinen Fokus auf den Iran gelenkt. Dessen Atomprogramm sowie die Unterstützung der islamistischen Organisationen in der Region, allen voran der Hamas und Hisbollah, drängten Israel zum Handeln.
Wie gut der Mossad im Iran vernetzt ist, zeigte sich einmal mehr durch die Operation „Rising Lion“, bei der sowohl die exakten Aufenthaltsorte namhafter iranischer Atomwissenschafter als auch zahlreicher iranischer Generale bekannt waren – und Israel zuschlug.
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