Mord an russischem Botschafter: Leiche nach Russland überführt
Nach der Ermordung des russischen Botschafters in der türkischen Hauptstadt Ankara ist der Leichnam von Andrej Karlow am Dienstagabend in Moskau eingetroffen. Das meldete die Agentur Interfax. Am Flughafengül Wnukowo warteten der russische Außenminister Sergej Lawrow und sein türkischer Kollege Mevlüt Cavusoglu auf den Sonderflug.
Karlow war am Vorabend bei einer Ausstellungseröffnung in Ankara von einem türkischen Polizisten in Zivil erschossen worden. Der Attentäter wollte damit mutmaßlich gegen den russischen Militäreinsatz in Syrien protestieren.
Witwe nahm Abschied
An einer Zeremonie nahmen am Dienstag am Flughafen in Ankara Vertreter der türkischen Regierung, Diplomaten und religiöse Würdenträger teil. Die Witwe Karlows nahm unter Tränen Abschied von ihrem ermordeten Ehemann, wie auf Fernsehbildern zu sehen war.
Beim Weg zum Sarg, auf dem eine russische Flagge lag, wurde Karlows Witwe von ihrem Sohn begleitet. Der Sarg wurde anschließend in ein russisches Flugzeug verladen.
Nach der Ermordung Karlows bekundete Papst Franziskus dem russischen Präsidenten Wladimir Putin seine Anteilnahme. Sein Beileid gelte vor allem der Familie Karlows, hieß es in einem am Dienstag verbreiteten Kondolenztelegramm von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin an Putin. Franziskus versichere den russischen Präsidenten "und das ganze Volk der Russischen Föderation seines Gebets und seiner geistlichen Verbundenheit in dieser Zeit".
Verstärkte Sicherheitsvorkehrungen in Botschaften
Präsident Wladimir Putin ordnete wegen der Anschläge in Ankara und Berlin verschärfte Sicherheitsvorkehrungen an diplomatischen Vertretungen in Russland und russischen Auslandsvertretungen an.
US-Außenminister John Kerry sprach seinem Amtskollegen Lawrow in einem Telefonat sein Beileid wegen des Attentats auf den Botschafter aus.
Türkei macht Gülen-Bewegung für Attentat verantwortlich
Die türkische Regierung macht nach einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu die Gülen-Bewegung für das tödliche Attentat auf den russischen Botschafter in Ankara verantwortlich. Außenminister Mevlüt Cavusoglu habe seinem US-Amtskollegen John Kerry in einem Telefonat mitgeteilt, "dass Fetö hinter diesem Anschlag steckt", meldete Anadolu am Dienstagabend unter Berufung auf diplomatische Kreise in Ankara. Das wüssten sowohl die Türkei als auch Russland.
Fetö ist die amtliche türkische Bezeichnung für die Bewegung des in den USA lebenden Predigers Fethullah Gülen, die in der Türkei als Terrororganisation eingestuft wird. Die Regierung hält Gülen für den Drahtzieher des Putschversuches in der Türkei Mitte Juli und fordert von den USA dessen Auslieferung.
Ermittlerteam aus Russland
Am Dienstag hat der Kreml ein 18-köpfiges Ermittlerteam nach Ankara entsandt. Der Gruppe gehören Experten des Geheimdienstes, der Polizei und des Außenministeriums an, wie Kremlsprecher Dmitri Peskow am Dienstag der Agentur Interfax zufolge in Moskau sagte.
Die Ermittler sollen mit türkischen Kollegen den Mord an dem russischen Diplomaten in Ankara untersuchen und nach Drahtziehern fahnden. Auf das Team hatten sich die Präsidenten Wladimir Putin und Recep Tayyip Erdogan verständigt, wie Peskow sagte.
Festnahmen
Wie die türkischen Staatsmedien am Dienstag berichteten, wurden wegen des Anschlags sechs Personen festgenommen. Die Eltern, die Schwester und zwei weitere Verwandte des Attentäters seien in der westlichen Provinz Aydin in Gewahrsam genommen worden, berichtete amtliche Nachrichtenagentur Anadolu am Dienstag. Der Mitbewohner des Attentäters in Ankara sei ebenfalls festgenommen worden.
Der Attentäter von Ankara war ein aktiver Polizist. Das Innenministerium gibt seinen Namen mit Mevlüt Mert Altintas an. Seit zweieinhalb Jahren war Altintas bei der Bereitschaftspolizei in Ankara eingesetzt. Geboren wurde er am 24. Juni 1994 im Distrikt Söke in der westtürkischen Provinz Aydin. Er besuchte die Polizeiakademie in der westtürkichen Metropole Izmir, die er im Jahr 2014 abschloss. Nach dem Mord an dem russischen Botschafter Andrej Karlow wurde der 22-Jährige erschossen.
Welche Verbindungen Altintas hatte, wird nach Angaben des Innenministeriums untersucht. Regierungsnahe türkische Medien berichten, Altintas werde verdächtigt, der Gülen-Bewegung angehört zu haben.
Straße wird nach Karlow benannt
Die türkische Regierung hat erklärt, zu Ehren des russischen Diplomaten eine Straße in der Hauptstadt nach ihm benennen. "Wir werden seinen Namen in Ankara und in unseren Herzen weiterleben lassen", sagte Außenminister Mevlüt Cavusoglu am Dienstag in Moskau. Die Straße, in der die russische Botschaft liegt, werde künftig Andrej Karlows Namen tragen. Cavusoglu kündigte zugleich eine lückenlose Aufklärung des Attentats gemeinsam mit russischen Ermittlern an.
"Wir müssen herausfinden, was oder wer hinter diesem verräterischen, niederträchtigen Anschlag steckt. Und das werden wir gemeinsam schaffen", sagte Cavusoglu.
Er betonte, der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan habe den Vorschlag des Kremlchefs Wladimir Putin zur Bildung einer gemeinsamen Ermittlergruppe "ohne zu zögern angenommen". Cavusoglu fügte hinzu: "Mit Sicherheit wird Rechenschaft für den Terroranschlag auf Andrej Karlow verlangt werden."
Trotz des Anschlags werden die Syrien-Verhandlungen an diesem Dienstag in Moskau wie geplant stattfinden, sagte Außenminister Sergej Lawrow. Die Gespräche mit seinen Kollegen aus der Türkei und dem Iran sollten ein Zeichen gegen den internationalen Terror setzen. Es werde "keine Zugeständnisse an die Terroristen" geben, betonte Lawrow in einem Gespräch mit seinem türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu mit Blick auf die umstrittene Allianz Moskaus mit dem syrischen Regime.
Reaktion von Trump
Der designierte US-Präsident Donald Trump hat den Mord an Russlands Botschafter in der Türkei als eine Verletzung aller Regeln einer zivilisierten Ordnung bezeichnet. Botschafter Andrej Karlow sei von einem radikalen islamistischen Terroristen getötet worden, ein solcher Mord müsse weltweit verurteilt werden. In der Mitteilung kondolierte Trump am Montag den Angehörigen Karlows.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sagte am Dienstag, er sei sich mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin einig, dass die Zusammenarbeit, besonders zum Syrien-Konflikt, nicht "durch diesen Angriff behindert wird".
Obwohl sie in dem Bürgerkrieg unterschiedliche Seiten unterstützen, hatten sich Ankara und Moskau zuletzt angenähert. Beide Regierungen verurteilten den Anschlag als gegen ihre Annäherung gerichtete "Provokation" und betonten, noch enger im Kampf gegen den Terror kooperieren zu wollen. In Moskau gab es am Dienstag ein Treffen der Außenminister Russlands, der Türkei und des Irans zu Syrien.
"Wir sind uns einig, dass dieser hinterhältige Angriff eine offene Provokation ist, die die türkisch-russischen Beziehungen treffen soll", sagte Erdogan bei der Eröffnung des neuen Eurasien-Tunnels unter dem Bosporus, der in Istanbul erstmals Europa und Asien durch eine unterirdische Straße verbindet. Der Angreifer habe "den Preis gezahlt", sagte Erdogan und kündigte an, die Hintermänner würden ausfindig gemacht.
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