Molenbeek: Das Dschihadisten-Zentrum

Brüssel 2014: Vier Tote bei antisemitisch motiviertem Terroranschlag
Die Brüsseler Gemeinde scheint die Hochburg des europäischen Dschihadismus zu sein.

"Es scheint, als ob alle radikalen Islamisten schon einmal in Molenbeek-Saint-Jean gelebt hätten", stellt Bürgermeisterin Françoise Schepmans am Sonntag ein wenig drastisch im belgischen Radio fest. Molenbeek, die Gemeinde, die westlich der Brüsseler Altstadt mit ihrer prächtigen Grand Place gelegen ist, ist nicht irgendeine Kommune der Region Brüssel. Es ist die Hochburg des europäischen Dschihadismus.

Immer wieder gibt es seit dem Anschlag der Al Kaida auf einen Personenzug in Madrid 2004 mit 191 Toten terroristische Beziehungen in die Problemgemeinde Molenbeek mit ihren 96.000 Einwohnern, 80 Prozent davon sind Muslime. Ein gutes Drittel ist arbeitslos, mehr als 25 Prozent haben keinen belgischen Pass. Da die Meldegesetze in Belgien nicht so streng wie in Österreich sind, ist unklar, wie viele potenzielle islamistische Gewalttäter hier leben. Häufig werden in Molenbeek Terrorverdächtige festgenommen oder im Zuge von Ermittlungen Wohnungen durchsucht. Erst im August hatte nach einem Angriff auf einen Thalys-Hochgeschwindigkeitszug eine Spur nach Molenbeek geführt.

Auch 2006 gab es im Zuge von Anti-Terror-Ermittlungen eine Razzia im dortigen Islamischen Zentrum. Im Jänner 2015 hatte einer der Attentäter der Anschlagsserie in Paris unter anderem auf das Satiremagazin Charlie Hebdo Verbindungen nach Belgien, konkret nach Molenbeek. Bei einem Anti-Terror-Einsatz im ostbelgischen Verviers wurden eine Woche später zwei mutmaßliche Islamisten erschossen.Jüdisches Museum Weltweit Entsetzen löste der Anschlag auf das Jüdische Museum von Belgien aus. Am 24. Mai 2014 ermordete der Islamist Mehdi Nemmouche vier Menschen. Der Täter ist Franzose und war 2013 in Syrien. Später wird er in Marseille verhaftet und nach Belgien ausgeliefert. Nemmouche ist bislang nicht verurteilt.Belgien gilt als eines der am stärksten durch Terrorismus gefährdeten Länder in Europa. Hintergrund ist die im Verhältnis zur Bevölkerungsgröße (11,2 Millionen) hohe Zahl von Menschen, die als Dschihadisten nach Syrien gezogen sind. Nach Schätzungen von Sicherheitsbehörden stammen rund 500 Kämpfer aus Belgien. Bei einer Anti-Terror-Razzia nach den Anschlägen von Freitagabend in Paris sind in Molenbeek erneut fünf Personen festgenommen worden, zwei Attentäter stammten aus Brüssel. "Wir haben in Molenbeek ein gigantisches Problem", sagte Belgiens Premier Charles Michel fest. Sein Vize und Innenminister von der rechten, separatistischen flämischen Partei N-VA, Jan Jambon, hat daraufhin mitgeteilt, "ordentlich in Molenbeek aufzuräumen". Er hat den Kampf gegen islamistische Radikale zur "Chefsache" erklärt. In vergangenen Jahrzehnten ist allerdings keinem belgischen Politiker die Integration in Molenbeek gelungen.

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