Ministerin Untauglich: Wie Lambrecht Scholz in die Bredouille bringt
Christine Lambrecht hantelt sich als Verteidigungsministerin von Fehltritt zu Fehltritt. Kanzler Scholz steht unter Druck – denn sie ist nicht sein einziges Personalproblem.
Im Herbst 2021 wollte Christine Lambrecht eigentlich nicht mehr. Zwei Jahre als Justiz- und Familienministerin hatten der 57-Jährigen gereicht; sie hatte den Ruf einer braven Parteisoldatin, die zwar nicht visionär, aber patent regierte.
Dann wurde Olaf Scholz überraschend Kanzler, und die SPD-„Alleskönnerin“ seine Verteidigungsministerin. Ein Jahr später ist von diesem Ruf nicht viel übrig: Untätig, unfähig, ja untragbar sei sie, heißt es aus allen Ecken der Republik. Jüngster Anlass dafür ist ein verunglücktes Silvester-Instagramvideo, in dem sie – begleitet von Böllern und Raketen im Hintergrund – über Putins Krieg sprach, der ihr Gespräche mit „interessanten und tollen Menschen“ ermöglicht habe, wie sie schwärmte.
Gendersternchen
Es ist der letzte einer Reihe an Fauxpas. Im Sommer etwa nahm Lambrecht ihren Sohn mit zum Urlaub auf Sylt, allerdings per Bundeswehr-Helikopter. Im November prahlte sie in einem Interview, dass Berlin Patriot-Systeme nach Polen liefern werde – eine Information, die auf Wunsch der NATO und Warschaus eigentlich geheim hätte bleiben sollen. Und kurz nach Kriegsbeginn thematisierte sie das Fehlen weiblicher Generäle und die Gendersternchen-Frage in der Bundeswehr massiv. Der „Zeitenwende“ mit 100 Milliarden Euro Investitionen in die marode „Truppe“, die Kanzler Scholz da bereits groß angekündigt hatte, widmete sie sich hingegen kaum.
Ihre Untätigkeit ist auch Kern des Problems. Das deutsche Verteidigungsministerium gilt als beinah unregierbares Haus, es hat die „bürokratische Behäbigkeit eines DDR-Maschinenbau-Kombinats“, urteilt die Zeit. In den vergangenen 30 Jahren wurde kaum in die „Truppe“ investiert, das für Beschaffung neuen Materials zuständige Amt hat 18.000 Mitarbeiter – da reden derart viele Akteure mit, dass Neuanschaffungen meist im PR-Desaster enden.
An der Reform scheiterten viele von Lambrechts Vorgängern, besonders CDU-Ministerin Annegret Kramp-Karrenbauer. Lambrecht aber habe sich erst gar nicht mit der Reform befasst, sagen Kritiker – der „Zeitenwende“-Etat wurde bis Dezember nicht angefasst. Genauso wenig habe sie sich der Ukraine gewidmet: Zu Jahresbeginn stellte sie die Bereitstellung von 5.000 Helmen als „ausreichend“ dar, im Sommer nannte sie die Lieferung von Fuchs-Transportpanzern eine nicht hinnehmbare „Ausplünderung“ der Bundeswehr. Viele Zusagen an Kiew wurden verschleppt oder versandeten ganz.
Warum Scholz dennoch an ihr festhält? Ihm wird nachgesagt, auf öffentlichen Druck mit Trotz zu reagieren. Zudem ist Lambrecht nicht sein einziges Problem: Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat wegen seiner unwirschen Art und strengen Budgetplänen einen üblen Ruf beim Gesundheitspersonal; Innenministerin Nancy Faeser ist wegen Personalrochaden in ihrem Haus unbeliebt , hat zudem Ambitionen auf das Ministerpräsidentenamt in Hessen.
Gibt sie Ende Jänner eine Kandidatur bekannt, kommt Scholz um eine große Kabinettsumbildung kaum herum; da er die Ämter geschlechterparitätisch besetzt, muss er eine Nachfolgerin suchen. Eine wird dafür wohl nicht in Frage kommen: Lambrecht wird der Kanzler eher in die Polit-Pension schicken.
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