Milorad Dodiks Abgang: Ein strategischer Schachzug oder echte Kapitulation?

Ein Mann im Anzug stützt nachdenklich seinen Kopf mit der Hand, im Hintergrund sind unscharfe Farbfelder zu sehen.
Erst nach monatelangem Widerstand gibt Milorad Dodik nun zu, dass er nicht mehr Präsident der Republika Srpska ist. Was bedeutet das für die bosnische Teilrepublik?

Zusammenfassung

  • Milorad Dodik erkennt nach monatelangem Widerstand seine Absetzung als Präsident der Republika Srpska an und übergibt das Amt an seine langjährige Vertraute Ana Trišić-Babić.
  • Das Parlament der RS annulliert alle separatistischen Gesetze seit 2023, während die Opposition die aktuelle Lage als "schizophren" kritisiert und von Kapitulation spricht.
  • Internationale Reaktionen deuten auf eine mögliche Annäherung der RS an die USA hin, nachdem Sanktionen gegen Dodiks Verbündete aufgehoben wurden.

Milorad Dodik, Kreml-Freund und Separatist, gibt seine Versuche, die verfassungsmäßige Ordnung Bosnien-Herzegowinas zu stürzen, endlich auf. Dahinter könnte allerdings eine politische Strategie des ehemaligen Serbenführers stecken. Bis zu den Neuwahlen am 23. November 2025 soll Ana Trišić-Babić, Ex-Vize-Außenministerin und enge Verbündete Dodiks, das Amt bekleiden.

US-Reise: Zufall oder politische Kalulation?

Im Oktober dieses Jahres reiste Trišić-Babić gemeinsam mit Željka Cvijanović, Mitglied des bosnisch-herzegowinischen Präsidiums, nach Washington, wo sie mit "wichtigen Personen der Regierung" gesprochen haben sollen. Ob dieser Besuch reiner Zufall war oder ein vereinbarter politischer Übergang zwischen Dodik und internationalen Akteuren, bleibt offen. 

Wer sich allerdings eine politische Neuausrichtung in der Republika Srpska nach Milorad Dodiks Rückzug erhofft hat, wird enttäuscht. Denn die neue Vertretung ist Dodiks Gesinnung treu, schließlich war die studierte Juristin Trišić-Babić seine Beraterin in den vergangenen 15 Jahren. 

Amtsenthebung im August

Milorad Dodik war Anfang August von einem Berufungsgericht in Bosnien zu einer einjährigen Haftstrafe und einem sechsjährigen Ämterverbot verurteilt worden. Zum Urteil kam es wegen zweier Gesetze aus dem Juli vergangenen Jahres, mit denen der Nationalist die Umsetzung von Entscheidungen des Hohen UNO-Repräsentanten für Bosnien-Herzegowina untersagt hatte. 

Dodik war seines Amtes enthoben worden, erkannte diese Entscheidung bis vor Kurzem jedoch nicht an. Der quasi entmachtete Präsident drohte mit Gewalt, setzte ein Referendum an und bezeichnete die für November angesetzten Neuwahlen als "bedeutungslos". Nach zwei Monaten Rebellion scheint Dodik nun den Tatsachen ins Auge zu sehen: Er muss den Chefsessel räumen. 

Milorad Dodiks größte Niederlage?

Das Parlament der RS hat nun Gesetze zurückgezogen, die de facto versucht hatten, die Abspaltung der RS von der Föderation Bosnien-Herzegowinas durchzusetzen, indem sie unter anderem mit Gewaltanwendung drohten. 

Dies markiert einen der bedeutendsten politischen Umbrüche des letzten Jahrzehnts und beendet formell den Konflikt zwischen den Entitäts- und Staatsstrukturen im kleinen Balkanstaat. Ob es sich hierbei um eine echte politische Wende oder nur um eine Taktik Dodiks handelt, wird sich erst zeigen.

Die Opposition sieht in diesem Schritt Milorad Dodiks größte Niederlage – ein Ergebnis des starken amerikanischen Drucks auf die Republika Srpska. "Dies ist nichts anderes als eine Kapitulation Dodiks", sagte Nedeljko Glamočak, Oppositionsabgeordneter der Serbischen Demokratischen Partei (SDS).

"Ausgestreckte Hand" der RS

Es scheint, als würde sich die RS dem Druck von außen beugen – man zeige eine "ausgestreckte Hand" als Zeichen der Bereitschaft zu einem neuen Abkommen, schrieb Željka Cvijanović auf X. "Wir haben die Möglichkeit zu zeigen, dass die Republika Srpska ein glaubwürdiger Partner ist", so Željka Cvijanović. 

Der hochrangige Beamte im Büro für europäische und eurasische Angelegenheiten des US-Außenministeriums, Brendan Hanrahan, erklärte gegenüber Reuters, dass dies ein Weg zu einer konstruktiven Partnerschaft mit den Vereinigten Staaten sei. Hanrahan ist direkt für Bosnien-Herzegowina zuständig und einer der wenigen Diplomaten der Trump-Administration, die das Land auch besucht haben.

Als Anerkennung für das kooperative Verhalten der RS wurden vergangenen Freitag vier Verbündete Dodiks vom US-Finanzministerium von einer Sanktionsliste entfernt – sehr zur Freude Dodiks, der diese Entscheidung begrüßte. Dodik war zuvor von den USA und Großbritannien wegen seiner separatistischen Politik sanktioniert worden.

"Historisches Ereignis der Kapitulation"

Der langsame Rückzug Dodiks von der politischen Bühne wird in der bosnischen Föderation positiv aufgenommen. Die Sozialdemokratische Partei von Bosnien-Herzegowina (SDP) betrachtet Dodiks Abgang als "historisches Ereignis der Kapitulation".

Der bosnische Außenminister Elmedin Konaković vermutet allerdings den Einfluss der USA dahinter. In einem Interview sagte er: "Selbst wenn sich der Feind zurückzieht, muss man auf der Hut sein."

Der prorussische und sezessionistische Ex-Präsident Dodik wurde aufgrund seiner Politik mit einem Einreiseverbot nach Österreich und Deutschland belegt. 

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