Milorad Dodik: Einer der destruktivsten Politiker des Balkans kapituliert

Seine Sturheit, die Korruption rund um ihn herum, vor allem aber sein Kampf gegen alle Gerichtsentscheidungen und die Verfassung haben die serbische Teilrepublik von Bosnien-Herzegowina in die schwerste Krise seit Jahrzehnten geführt: Milorad Dodik, allmächtiger Herrscher über die Republika Srpska (RS). In Österreich hat der 66-jährige bosnische Serbe Einreiseverbot, in Deutschland ebenso. Umso öfter reiste der langjährige starke Mann der RS nach Moskau, wo er tatkräftig vom Kreml und besonders von Außenminister Lawrow unterstützt wird.
Im August war der Präsident der serbischen Teilrepublik seines Amtes enthoben worden. Zuvor war der Politiker, der stets gegen die internationale Gemeinschaft wetterte und die kleine, verarmte RS rücksichtlos für seinen Familienclan ausbeutete, bereits verurteilt und zu einem sechsjährigen Verbot der Ausübung öffentlicher Ämter verurteilt worden.
Doch das kümmerte Dodik wenig: Er regierte weiter, entließ oder setzte Politiker nach seinem Gutdünken ein, trat im Parlament in Banja Luka auf und ließ sich weiter im Dienstwagen herumführen. Die ganzen Verfahren nehme er einfach nicht zur Kenntnis, donnerte er immer wieder - ebenso wenig wie den Ruf nach Neuwahlen.
Wahlen am 23. November
Genau solche aber setzte die Wahlkommission für den 23. November an. "Bedeutungslos" sei das, wetterte Dodik, "diese Wahlen werden in der Republika Srpska nicht stattfinden."
Nun aber kam die überraschende Kehrtwende. Dodiks Partei SNSD wird doch am Urnengang teilnehmen. Der Beschluss dafür fiel am Montag in Banja Luka in der Partei einstimmig. Was seine viele Gegner und Kritiker in Bosnien als Kapitulation Dodiks ansehen, dem zunehmend die Unterstützung in der eigenen Anhängerschaft abhanden kam, bezeichnet der abgesetzte Präsident vielmehr als "Verrat der Opposition": Nur deswegen müsse seine Partei nun an den Wahlen teilnehmen.

Dodik mit dem russischen Außenminister Lawrow
Dass die serbischen Nationalisten von der SNSD erneut Milorad Dodik aufstellen, gilt als unwahrscheinlich. Doch der alle Strippen ziehende Serbenführer wird es sich kaum nehmen lassen, aus der zweiten Reihe heraus die gesamte Partei und die Region zu kontrollieren.
Dabei hatte Dodik einst als Hoffnungsträger und Gegenspieler des Kriegsverbrechers Radovan Karadzic begonnen. Doch in seinen 27 Jahren an der Macht verwandelte Dodik die serbische Entität in ein wirtschaftlich zerstörtes, autokratisch regiertes Schwarzes Loch - in dem nur er und seine Familie immer reicher wurden.
Seit Jahren steht er unter westlichen Finanzsanktionen, er leugnet den Genozid an bosnischen Muslimen in Srebrenica und drohte stets, wenn man ihm politisch an den Kragen wollte, mit der Abspaltung der Republika Srpska von Bosnien-Herzegowina. Mehr als 50 Mal schwang der kompromisslose Nationalist den Abspaltungshammer - das lähmte das Land, sicherte aber stets sein politisches Überleben.
Machtkampf
Im Machtkampf mit dem Hohen Repräsentanten der Staatengemeinschaft für Bosnien, dem CSU-Politiker Christian Schmidt, zog er schließlich den Kürzeren: Im Juli 2023 hatte Schmidt kraft seiner Vollmachten ein folgenschweres Dekret erlassen: Auf Missachtung seiner Verfügungen steht seither eine Haftstrafe von bis zu fünf Jahren. Einspruchsmöglichkeiten gegen dieses Dekret gibt es in Bosnien nicht. Dodik wurde schließlich zu einer einjährigen Haft verdonnert - konnte sich aber mit einer Zahlung von 18.000 Euro frei kaufen.
Doch Dodik wäre nicht der längst dienende Machthaber auf dem Balkan gewesen, würde er nun einfach klein beigeben. Kenner seiner Partei gehen davon aus, dass der aktuell destruktivste Politiker der Region auch aus der zweiten Reihe heraus seine dunklen Fäden ziehen wird.
Bosnien-Herzegowina ist seit dem Friedensabkommen von Dayton aus dem Jahr 1995 aufgeteilt in die überwiegend von bosnischen Serben bewohnte Republika Srpska und die kroatisch-muslimische Föderation Bosnien und Herzegowina. Die beiden halbautonomen Landesteile haben eigene Regierungen und Parlamente und sind durch eine schwache Zentralregierung verbunden.
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