Bosnischer Serbenführer Dodik zu Haftstrafe verurteilt

Von Beginn an war klar: Egal, wie es ausgeht, Aufregung – und womöglich Unruhen – sind vorprogrammiert. Der bosnische Serbenführer Milorad Dodik wurde am Mittwoch nach einem monatelangen Prozess zu einem Jahr Haft und einem sechsjährigen Politik-Verbot verurteilt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, Dodik kann noch Berufung einlegen. Der Grund für den Schuldspruch: Er habe Anweisungen des Hohen Repräsentanten (siehe Infobox) im Land, des deutschen Christian Schmidt, missachtet.
Bosnien-Herzegowina ist seit Ende des Kriegs 1995 in zwei weitgehend autonome Landesteile aufgeteilt: die bosniakisch-kroatische Föderation und die Republika Srpska. Den Krieg, der 1992 begann und rund 100.000 Menschen das Leben kostete, beendete der Friedensvertrag von Dayton. Bei öffentlichen Ämtern ist in Bosnien seither ethnischer Proporz entlang der drei Staatsvölker - Bosniaken, Serben und Kroaten - vorgesehen.
Über die Einhaltung des Dayton-Vertrags wacht der Internationale Hohe Repräsentant (HR), der auch Gesetze erlassen darf, wenn die politischen Lager keine Kompromisse finden können. Der aktuelle internationale Vertreter, der Deutsche Christian Schmidt, machte bereits mehrmals von seinen umfangreichen Befugnissen, den sogenannten Bonn-Powers, Gebrauch. Die politischen Kräfte in Bosnien-Herzegowina sehen den HR kritisch.
Die EU-Mission EUFOR/ALTHEA sorgt ebenfalls dafür, dass das Dayton-Abkommen eingehalten wird. Auch österreichische Soldaten gehören dieser an.
Dodik hatte 2023 zwei Gesetze unterschrieben, wonach die Entscheidungen des bosnischen Verfassungsgerichts und des Hohen Repräsentanten in der serbischen Entität Bosniens, der Republika Srpska, nicht gelten würden.

Dodik-Anhänger
In einer ersten Reaktion rief Dodik seine Anhänger dazu auf, sich zu freuen: „Wir müssen fröhlich sein. „Sie sagen, dass ich schuldig bin. Jetzt werden die Leute hier sagen, warum ich es nicht bin.“ Es gebe keinen Grund zur Sorge, ihre Unterstützung sei wichtig.
Bereits vor dem Urteil hatte er einmal mehr mit einem Referendum über den Anschluss an Serbien gedroht und, ebenfalls vor seinen Unterstützern, kürzlich gesagt: „Sie konnten euch nicht alle in den Gerichtssaal bringen, also haben sie mich dorthin gebracht. Ich bin davon überzeugt, dass sie es vermasselt haben.“ Der Prozess stelle sich gegen die gesamte Republika Srpska, sagte er zudem.
„Was sollen sie machen? Panzer auffahren? Mir den Zutritt zum Regierungsgebäude verweigern?“, fragte Dodik schon 2015 hämisch, als es einen ähnlichen Streit mit Schmidts Vorgänger, dem Österreicher Valentin Inzko, gab. Da ist auch jetzt etwas dran. Denn nach dem Urteil stellt sich die Frage: Wer würde Dodik, gewählter Präsident der Serbischen Republik, tatsächlich verhaften, sollte seine Berufung scheitern? Die Staatliche Untersuchungs- und Schutzbehörde SIPA in Sarajevo, dessen bosnisch-serbischer Chef Darko Ćulum als Dodik-Loyalist gilt? Vermutlich nicht, glauben Beobachter.
Dazu kommt, dass der Versuch einer Verhaftung Dodiks zu Widerstand der Polizei der Republika Srpska, die von Serbien gestützt wird, führen dürfte. Eine Eskalation im ohnehin instabilen Bosnien und Herzegowina könnte schwerwiegende Folgen für die ganze Region haben – gerade in Zeiten, in denen nicht ganz klar ist, wie die USA unter Trump auf eine Verschärfung des Konflikts reagieren würde. Die Biden-Administration hatte Schmidt klar unterstützt, das kann man über die neue Regierung nicht sagen.
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