Migration - Experte Knaus warnt vor Zerbrechen der Genfer Konvention

Migrationsexperte Gerald Knaus
Scharfe Kritik am "Versagen der europäischen Eliten"

Der österreichische Migrationsforscher Gerald Knaus, ein Mit-Entwickler des EU-Türkei-Abkommens, hat angesichts der Migrationskrise an der türkisch-griechischen Grenze vor einem Zerbrechen der Genfer Flüchtlingskonvention gewarnt. Knaus übte zugleich am Montagabend in der ZIB2 scharfe Kritik am "Versagen der europäischen Eliten".

Die EU müsste nach Worten von Knaus sofort versuchen, was die deutsche Kanzlerin Angela Merkel bereits im Hintergrund getan habe, nämlich klare Zusagen abgeben, dass man sich an finanzielle Verpflichtungen gegenüber der Türkei hält. Dass die EU Geld verspreche, liege in ihrem Interesse. Darüber hinaus müsse die EU aber auch zur Hilfe bereit sein, wenn hunderttausende Flüchtlinge aus der umkämpften Region Idlib in Syrien in die Türkei kommen. Dies müsse in einer internationalen Koalition erfolgen, das UNO-Flüchtlingshilfswerk UNHCR müsse sich bereits vorbereiten.

"Hier steht die Flüchtlingskonvention und das internationale Flüchtlingsregime insgesamt auf dem Spiel", so der Migrationsexperte. "Wenn wir nichts tun, zerbricht diese Konvention im Jahr 2020 vor unseren Augen, die wir 1951 aus den Lehren des Zweiten Weltkriegs kommend ratifiziert haben. Dann ist dies das Ende einer noblen Geschichte, das unwürdig durch Scheitern und Versagen der europäischen Eliten zu Ende geht."

Dass der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan die Tore für Flüchtlinge in die EU geöffnet habe, sei "ganz klar eine unmoralische Aktion", sagte Knaus. Die Türkei stehe allerdings unter enormem Druck. Die EU habe es in den vergangenen drei Monaten nicht geschafft, die weitere Finanzierung des Flüchtlingspaktes zu klären. Ohne Einigung mit der Türkei könne Griechenland "nichts machen". Dass Griechenland nun das Asylrecht ausgesetzt habe, sei eine "Verzweiflungstat". Griechenland habe in den vergangenen fünf Jahren 200.000 Asylanträge entgegengenommen, dies seien um 70.000 mehr als Österreich im selben Zeitraum.

Kommentare