Michigan: Corona-Wutbürger stürmten Parlament

Michigan: Corona-Wutbürger stürmten Parlament
Rechte Demonstranten revoltieren gegen den Lockdown. Unterstützung kam von US-Präsident Trump.

"Direkt über mir brüllen mich Männer mit Gewehren an. Einige meiner Kollegen tragen kugelsichere Westen." Der dramatische Tweet der demokratischen Senatorin Dayna Polehanki kam direkt aus dem Kapitol des US-Bundesstaates Michigan. Mehrere hundert rechte Demonstranten waren am Donnerstag mit Sturmgewehren in das Parlamentsgebäude der Hauptstadt Lansing eingedrungen (das offene Tragen von Waffen ist in Michigan auf der Straße und sogar im Parlament erlaubt). Sie revoltieren gegen die vermeintliche "Tyrannei" der Regierung und den Lockdown im US-Hotspot der Pandemie. Die demokratische Gouverneurin Gretchen Whitmer verlängerte am Abend trotzdem den Ausnahmezustand.

Michigan: Corona-Wutbürger stürmten Parlament

Seit Wochen wird in Michigan gegen den Lockdown demonstriert

Die Bilder aus dem Kapitol zeigen dramatische Szenen: Einige Demonstranten waren wie Milizionäre gekleidet, viele trugen kugelsichere Westen und posierten mit halbautomatischen Schnellfeuerwaffen. Einen Mundschutz trug fast niemand, aber einen Galgen hatten sie mit. Der war für die Gouverneurin gedacht. Es wurde gegrölt und gebrüllt, während die Polizei den Zugang zum Plenarsaal abriegelte. Vor dem Gebäude versammelten sich Dutzende weitere Menschen und hielten Protestschilder hoch. Auf einem der Schilder wurde die Gouverneurin Adolf Hitler dargestellt. "Ich habe die Arbeit der Polizei nie mehr zu schätzen gewusst", twitterte eine Abgeordnete.

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Gretchen Whitmer, die demokratische Gouverneurin, ist Ziel der Proteste

In den USA versteht sich der weiße Mob, der vor den Parlamenten vieler Bundesstaaten aufmarschiert, als Bastion des amerikanischen Freiheitsdenkens. Jeder US-Bürger habe das "Recht, zu arbeiten, um seine Familie zu unterstützen, frei zu reisen, sich zu religiösen Gottesdiensten und anderen Zwecken zu versammeln, sich aus Protest gegen unsere Regierung zu versammeln und über die eigene medizinische Versorgung zu bestimmen", schrieb die Protestgruppe "Michigan United for Liberty", die zu der Demonstration aufgerufen hatte, auf Facebook.

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Vor dem Kapitol in Lansing

Die Demonstranten wurden und werden durch Aussagen Donald Trumps noch angestachelt. Der US-Präsident hatte vor zwei Wochen seine Anhänger zu Protesten gegen die weiterhin geltenden Ausgangsbeschränkungen und den Lockdown weiter Teile der Wirtschaft aufgerufen. Michigans demokratische Gouverneurin Whitmer, die er verächtlich nur "diese Frau" nennt, hatte er mehrfach besonders scharf angegriffen und ihr Überreglementierung vorgeworfen.

Michigan (zehn Millionen Einwohner) ist bekannt für seine Industriestadt Detroit und ist mit mehr als 41.000 Infektionen und 3.800 Toten ein Hotspot der Corona-Pandemie in den USA. Whitmer wollte daher die Ende April auslaufende strengen Notstandsverordnung verlängern. Die republikanisch dominierten Häuser des Parlaments stimmten für die Lockerung der Restriktionen, doch Whitmer unterzeichnete eine Anordnung, mit der sie im Alleingang den Lockdown bis zum 28. Mai verlängerte. Sie weiß damit zwar nicht den wütenden Mob, aber die Mehrheit der Menschen hinter sich: In Michigan unterstützen laut Umfrage 63 Prozent den Kurs der Gouverneurin, die Politik von Präsident Trump finden in dem Bundesstaat nur noch 36 Prozent der Befragten gut.

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