Merkel verurteilt Pegida: "Hass in deren Herzen"

Angela Merkel findet ungewöhnlich scharfe Worte in ihrer Neujahrsansprache.
Deutsche Bundeskanzlerin kritisiert die anti-islamische Bewegung und stellt klar: Hilfe für Flüchtlinge "ist selbstverständlich".

Die Pegida-Bewegung bekommt in Deutschland immer mehr Zulauf. Eine Entwicklung, die nun Bundeskanzlerin Angela Merkel scharf kritisiert. Mit deutlichen Worten wandte sie sich in ihrer vorab veröffentlilchten Neujahrsansprache gegen die Anhänger der Anti-Islam-Bewegung, die gegen eine Überfremdung Deutschlands demonstrieren. Sie rief die Bürger auf, sich von den Initiatoren nicht instrumentalisieren zu lassen. Zwar werde bei Kundgebungen "Wir sind das Volk" gerufen wie vor 25 Jahren während der Revolution in der DDR. Tatsächlich gemeint sei damit nun aber "Ihr gehört nicht dazu - wegen eurer Hautfarbe oder eurer Religion", warnte Merkel. "Deshalb sage ich allen, die auf solche Demonstrationen gehen: Folgen Sie denen nicht, die dazu aufrufen! Denn zu oft sind Vorurteile, ist Kälte, ja, sogar Hass in deren Herzen."

Angesichts zahlreicher Kriege und Konflikte in der Welt hat sie zudem Flüchtlingen die Hilfe Deutschlands zugesagt. "Es ist selbstverständlich, dass wir ihnen helfen und Menschen aufnehmen, die bei uns Zuflucht suchen."

Pegida-Kundgebungen

Pegida ist das Kürzel für "Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes". Zuletzt nahmen rund 17.500 an der Pegida-Kundgebung in Dresden teil. In diesem Jahr dürfte die Zahl der Asylanträge auf über 200.000 steigen. Etwa ein Fünftel der Flüchtlinge kam aus dem Bürgerkriegsland Syrien. Im vorigen Jahr waren erstmals seit 16 Jahren mehr als 100.000 Asylbewerber nach Deutschland gekommen.

Auch der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck hatte in seiner Weihnachtsansprache vor dem Hintergrund der Pegida-Demonstrationen zu Hilfen für Flüchtlinge aufgerufen. Das sei ein Zeichen der Menschlichkeit.

Weltweit gebe es so viele Flüchtlinge wie noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg, sagte Merkel. Viele seien buchstäblich dem Tod entronnen. Das vielleicht größte Kompliment für Deutschland sei, dass die Kinder Verfolgter hier ohne Furcht groß werden könnten.

Einheit Europas

Merkel hob die Einheit Europas angesichts der Spannungen mit Russland wegen der Ukraine-Krise hervor. "Es steht völlig außer Frage, dass wir Sicherheit in Europa gemeinsam mit Russland wollen, nicht gegen Russland." Ebenso außer Frage stehe aber auch, "dass Europa ein angebliches Recht eines Stärkeren, der das Völkerrecht missachtet, nicht akzeptieren kann und nicht akzeptieren wird".

Die freie Welt stelle sich auch mit einem Beitrag Deutschlands der Terrormiliz Islamischer Staat entgegen, die in Syrien und im Irak wüte. "Sie bedroht auch unsere Werte zu Hause", sagte Merkel.

Für Deutschlands Präsidentschaft im Kreis der sieben führenden Industrienationen (G7) im kommenden Jahr kündigte die Kanzlerin ihren persönlichen Einsatz für den Klimaschutz an. Dafür müsse es endlich gelingen, neue verbindliche Vereinbarungen zu beschließen.

Merkel erinnerte an den Gewinn der Fußball-Weltmeisterschaft 2014 und betonte den Wert des Zusammenhalts in Deutschland. "Er ist Grundlage unseres Erfolges." Mit Zusammenhalt könne das Land auch kommende Herausforderungen wie die digitale Revolution und die alternde Gesellschaft meistern, sagte die Kanzlerin.

AfD stellt sich "schützend" vor Pegida

Die Alternative für Deutschland (AfD) hat die Anti-Islam-Bewegung "Pegida" gegen Kritik der deutschen Bundeskanzlerin in Schutz genommen. "Sie verurteilt Menschen von oben herab, die sie gar nicht kennt", sagte der AfD-Fraktionsvorsitzende im Brandenburger Landtag, Alexander Gauland, am Mittwoch.

Die Kritik der deutschen Regierungschefin an den Kundgebungen der "Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes" werde der Protestbewegung noch mehr Zulauf als bisher bescheren, prognostizierte Gauland. Der AfD-Politiker hatte selbst Mitte Dezember als "Beobachter" an einer "Pegida"-Demonstration in Dresden teilgenommen.

FPÖ-Vizeparteichef Norbert Hofer hingegen hat Verständnis für Pegida: Lesen Sie mehr dazu hier.

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