Merkel und Macron auf den Spuren von Kohl und Mitterand
An ausgeklügelter, historischer Symbolik mit betont aktuellen Bezügen mangelt es an diesem Pariser Wochenende nicht. Am Samstag trafen sich Angela Merkel und Emmanuel Macron in einer Lichtung im Wald von Compiègne, nördlich von Paris, zu einem stillen Gedenken. Dort steht der nachgebaute französische Zugswaggon, in dem am 11.11.1918 der Waffenstillstand zur Beendigung des Ersten Weltkriegs unterzeichnet wurde und am 22. 6. 1940 französische Regierungsvertreter eine Übereinkunft mit Hitler-Deutschland ratifizierten.
Macron und Merkel traten damit in die Spuren von Francois Mitterrand und Helmut Kohl, die 1984 auf dem Schlachtfeld von Verdun, Hand in Hand, bereits ein prägendes Foto geschaffen hatten. Aber diesmal, so Macron, sei „ein Ort der Revanche zu einem Ort der ultimativen Versöhnung, sofern diese überhaupt noch nötig sei, geworden.“ Nachsatz: „Im Dienste Europas und des Friedens“.
"Nicht den Frieden gewonnen"
Tatsächlich hatte der französische Präsident die – sowieso spärlichen – Forderungen der rechten Opposition, auch eine Militärparade zu Ehren des Siegs im 1.Weltkriegs abzuhalten, mit leichter Hand abgewiesen. Begründung: Frankreich und seine Alliierten hätten damals „den Krieg aber nicht den Frieden gewonnen“ – nicht zuletzt auf Grund des Vertrags von Versailles und seiner harten Bedingungen für Deutschland. Von daher, also der Zwischenkriegszeit, zieht Macron einen direkten Faden zur Gegenwart: wie damals würden „Populisten und Nationalisten“ Unheil sähen, die Antwort auf diese Gefahren sei die beherzte Fortsetzung des europäischen Einigungswerks im Rahmen der EU.
Die Begeisterung in Frankreich hält sich freilich in Grenzen. Macron hat innenpolitisch zurzeit einen fast ebenso schweren Stand wie Merkel. Seine Vorschläge zwecks politischer Fusion der Euro-Zone sind auch von Merkel bisher zögerlich bis ablehnend aufgenommen worden. Mit dem vorhersehbaren Machtverlust der Kanzlerin droht Macron ein weiterer Verlust an Resonanz auf deutscher Seite und damit auch der Verlust der bereits geschrumpften Glaubwürdigkeit seiner EU-Pläne.
Trump von Macron "beleidigt"
Das erschwert auch Macrons Manöver gegenüber US-Präsident Donald Trump, den er in Paris vorführen wollte. Am Sonntag findet erst die Zeremonie beim Grab des unbekannten Soldaten unter dem Triumphbogen statt. Alle anwesenden Staatsmänner, darunter Vladimir Putin, kommen im gemeinsamen Bus, aber Trump in seiner gepanzerten Limousine. Gleich danach wird ein dreitägiges „Friedensforum“ von Angela Merkel und UN-Generalsekretär Antonio Guterres eröffnet. Beide Ereignisse will Macron nützen, um, immerzu unter Berufung auf die Zwischenkriegszeit, den vertragsgebundenen Multilateralismus zwischen den Weltmächten zu bewerben und damit Trumps einseitige Vorstöße, namentlich im Verhältnis zum Iran oder in der Klimapolitik, an den Pranger zu stellen.
Trump boykottiert aber das „Friedensforum“. Schon im Anflug auf Paris ließ der US-Präsident per Twitter wissen, er empfinde eine Äußerung von Macron als „sehr beleidigend“. Macron hatte in einem Interview für die Schaffung einer „echten europäischen Armee“ plädiert, und davon gesprochen, dass sich Europa „auch gegenüber den USA schützen müsse“, nachdem diese sich aus dem Atom-Abrüstungsabkommen zurückgezogen haben. Bei ihrem ersten Treffen am Samstag gaben sich die beiden aber wieder versöhnlich – zumindest vor den Kameras.
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