Merkel, Renzi, Hollande: Mehr Sicherheit für Europa

Francois Hollande, Angela Merkel und Matteo Renzi.
Treffen der drei Staats- und Regierungschefs auf der vor Neapel gelegenen Insel Ventotene: Beraten wird auch über den Brexit.

Auf der italienischen Insel Ventotene haben Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi, die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Francois Hollande eine Stärkung des europäischen Sicherheitssystems gefordert. Die europäische Kooperation im Sicherheitsbereich müsse angesichts der Terrorbedrohung gestärkt werden.

Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz auf dem Flugzeugträger "Giuseppe Garibaldi" vor der Insel Ventotene bei Neapel drängte Merkel auf eine engere Zusammenarbeit zwischen den europäischen Geheimdiensten und den Polizeibehörden. "Wir müssen mehr für unsere interne und externe Sicherheit unternehmen. Der Schutz der Grenzen muss verstärkt werden", forderte Merkel.

Die drei Staats- und Regierungschefs drängten weiters auf stärkere Impulse zur Förderung des Wirtschaftswachstums und zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit in Europa. "Wir müssen uns um die Zukunft unserer Jugend kümmern. Wir müssen der Jugend eine Zukunft sichern, damit sie die EU-Vision in die Welt bringen können", meinte Merkel.

Nach dem Brexit

Auch über die Zukunft Europas nach dem Brexit-Referendum diskutierten Renzi, Merkel und Hollande. "Europa kann die Lösung für die Probleme unserer Zeit sein. Im Gegensatz zu den Populisten denken wir nicht, dass die EU die Ursache jedes Übels ist. Europa ist die größte Chance, die unsere Jugend hat. Wir lassen uns von den Problemen unserer Zeit nicht entmutigen", so Renzi.

"Es ist einfach, Europa für alles die Schuld zu geben - schwerer, ein anderes Europa aufzubauen, das mehr auf Werte achtet und weniger auf das große Geld", erklärte Gastgeber Renzi auf seiner Facebook-Seite. Das sei der Grund, weshalb er Merkel und Hollande eingeladen habe. "Wir arbeiten an der Lösung der Probleme", erklärte Renzi. Nach dem Brexit-Votum solle ein Europa geschaffen werden, dessen Ideal "auf Einheit und Frieden, Freiheit und Träumen, Dialog und Identität" basiere.

Besuch des Grabs von Altiero Spinelli

Auf der Tagesordnung der Gespräche auf dem Flugzeugträger "Giuseppe Garibaldi" standen Wirtschaftsfragen, die Terrorgefahr, die Flüchtlingskrise, der Syrien-Konflikt sowie die Beziehungen zu Russland und zur Türkei. Doch zu Beginn des Mini-Gipfels wollte Renzi mit Merkel und Hollande zunächst das Grab des kommunistischen Aktivisten und Journalisten Altiero Spinelli besuchen, der während seiner Verbannung auf die Insel Ventotene durch das faschistische Regime Benito Mussolinis das Manifest "Für ein freies und vereintes Europa" schrieb.

Merkel, Renzi, Hollande: Mehr Sicherheit für Europa
Italian Prime Minister Matteo Renzi, German Chancellor Angela Merkel (L) and French President Francois Hollande (R) pay respect at the grave of Altiero Spinelli on Ventotene island, central Italy, August 22, 2016. REUTERS/Carlo Hermann/Pool

Die Staats- und Regierungschefs der drei bevölkerungsreichsten EU-Staaten hatten sich bereits Ende Juni, unmittelbar nach dem überraschenden Votum der Briten für einen EU-Austritt, in Berlin getroffen. Dort plädierten sie dafür, Europa einen "neuen Impuls" zu geben. Mitte September ist im slowakischen Bratislava ein EU-Gipfel ohne Großbritannien zu den Folgen des Brexits geplant.

Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik

Italien und Frankreich befürworten vor allem eine stärkere europäische Zusammenarbeit in den Bereichen Sicherheit und Verteidigung. Dies sei "eine der Lektionen, die wir aus dem Brexit ziehen müssen", sagte Hollande im Juli in Lissabon. Italiens Verteidigungsministerin Roberta Pinotti und Außenminister Paolo Gentiloni warben am 11. August in einem gemeinsamen Zeitungsbeitrag für ein "Sicherheits-Schengen als Antwort auf den Terrorismus". Sie warben für die Schaffung einer "multinationalen europäischen Truppe" für besondere Einsätze. Frankreich wünscht sich zudem den schnellen Aufbau eines europäischen Grenzschutz-Korps, um die Außengrenzen besser zu schützen.

Bereits die römischen Kaiser verbannten in der Antike missliebige Familienmitglieder auf die Vulkaninsel bei Neapel. Die Bourbonen errichteten dann 1797 auf einem Felsen ein Gefängnis für mehr als 600 Häftlinge. Im Zweiten Weltkrieg nutzte das faschistische Regime das Gefängnis zur Inhaftierung politischer Gegner, darunter den kommunistischen Aktivisten und Journalisten Spinelli. Er war 1927 wegen seiner Kritik an Benito Mussolini zu 16 Jahren Haft verurteilt worden und wurde 1941 auf die Insel gebracht.

Im Gefängnis verfasste er dort mit seinem Mithäftling Ernesto Rossi im Geheimen das "Ventotene Manifest", das zu einer der Gründungsschriften der Europäischen Union wurde. Geschrieben auf Zigarettenpapier und in einer Blechdose mit doppeltem Boden versteckt wurde das Manifest für ein "freies und vereintes Europa" von der deutschen Anti-Faschistin Ursula Hirschmann an Land geschmuggelt und unter den Mitgliedern der italienischen Widerstandsbewegung verbreitet.

Spinellis Idee war die Schaffung einer Föderation europäischer Staaten, um künftige Kriege auf dem Kontinent zu verhindern. Auf seinen persönlichen Wunsch hin wurde Spinelli später auf der Insel begraben, die heute ein beliebtes Ziel für Touristen und Taucher ist. Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi will am Montag gemeinsam mit Frankreichs Präsident François Hollande und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an Spinellis Grab Blumen niederlegen.

Renzi wählte die Insel wegen ihrer symbolischen Bedeutung für das europäische Projekt, um mit Merkel und Hollande über das weitere Vorgehen nach dem britischen Votum für den Austritt Großbritanniens aus der EU zu sprechen. Das Gefängnis auf der Insel wird schon seit 1965 nicht mehr genutzt. Im Februar kündigte Renzi an, den zunehmend verfallenden Bau zu einem Museum und einer Akademie für die EU-Elite umzuwandeln.

(APA/AFP)

Kommentare