Mehr als 700 Migrantenkinder in den USA weiter ohne Eltern

Rund 2.500 Minderjährige wurden an der Grenze zu Mexiko ihren Eltern weggenommen. Frist für Familienzusammenführungen abgelaufen.

Nach Ablauf einer gerichtlich festgesetzten Frist zur Wiedervereinigung getrennter Migrantenfamilien in den USA sind weiterhin mehr als 700 der betroffenen Kinder von ihren Eltern getrennt. Die US-Regierung erklärte dennoch, sie habe die Frist eingehalten. Bei 711 Minderjährigen sei die Wiedervereinigung nicht möglich gewesen.

Als einen der Gründe nannte sie, dass die Eltern inzwischen nicht mehr in den USA seien. Die Frist für die Zusammenführung von Minderjährigen in einem Alter ab fünf Jahren mit ihren Eltern war am Donnerstag um Mitternacht (MESZ) abgelaufen. Der Bundesrichter Dana Sabraw im kalifornischen San Diego wollte nun am Freitag prüfen, ob die Frist eingehalten wurde. Kommt er zu dem Schluss, dass dies nicht der Fall ist, könnte er Sanktionen gegen die Regierung verhängen.

Stopp von "Null Toleranz" nach Protesten

Die US-Behörden hatten im Zuge einer "Null-Toleranz-Politik" gegenüber der illegalen Einwanderung in den vergangenen Monaten zahlreiche Migrantenfamilien - die meisten davon aus Zentralamerika - nach dem Grenzübertritt getrennt. Die Eltern wurden als Straftäter behandelt und inhaftiert, die Kinder auf Heime im ganzen Land verteilt. Nach einem Aufschrei der Empörung in der US-Öffentlichkeit stoppte US-Präsident Donald Trump dann jedoch im Juni per Dekret diese rigorose Praxis.

Aus einem Gerichtsdokument vom Donnerstag geht hervor, dass mehr als 2.500 Minderjährige an der Grenze zu Mexiko ihren Eltern weggenommen wurden. Das Justizministerium teilt darin mit, dass 2.531 Minderjährige im Alter ab fünf Jahren separat untergebracht wurden. Die Fälle der Kinder unter fünf Jahren werden von Richter Sabraw getrennt behandelt und kommen deshalb in dem Dokument nicht vor.

1.442 der Minderjährigen ab fünf Jahren wurden dem Schriftstück zufolge inzwischen zusammen mit ihren Eltern inhaftiert. Andere 378 seien unter "angemessenen Umständen" freigelassen worden. Dazu zählt das Ministerium die Vereinigung mit Elternteilen, die inzwischen bereits aus der Haft entlassen wurden, oder die Zusammenführung mit anderen Verwandten.

Mehr als 700 Migrantenkinder in den USA weiter ohne Eltern

Zu den Gründen, warum die übrigen 711 Kinder weiterhin von ihren Eltern getrennt sind, zählte das Justizministerium unter anderem, dass die Eltern Vorstrafen hätten, an ansteckenden Krankheiten litten - oder bisher unauffindbar seien. So geht aus dem Gerichtsdokument hervor, dass 431 der Eltern die USA inzwischen verlassen haben, entweder zwangsweise oder freiwillig. In diesen Fällen sind die Familienzusammenführungen besonders kompliziert.

Die Eltern im Mexiko oder Zentralamerika aufzuspüren, sei eine "Detektivarbeit", sagte der Anwalt der US-Bürgerrechtsvereinigung ACLU, Lee Gelernt. Nach Angaben der Vorsitzenden des US-Verbandes von Immigrationsanwälten (Aila), Anastasia Tonello, wurden die Eltern oft mit "Drohungen, falschen Versprechungen, Fehlinformationen" und anderen Druckmitteln dazu gebracht, in ihre Ausreise einzuwilligen.

Im Rechtsstreit um die Migrantenfamilien tritt die ACLU als klagende Partei auf. Sie will bei Richter Sabraw erwirken, dass er den Behörden Maßnahmen zur Beschleunigung der Familienzusammenführungen auferlegt. Heimatschutzministerin Kirstjen Nielsen versicherte in einem Interview mit dem Sender Fox News, dass die Regierung "so viele Familien wie möglich" wieder zusammenbringen wolle.

Eine frühere Frist zur Wiedervereinigung der Kinder unter fünf Jahren war bereits am 10. Juli abgelaufen. 45 der etwa hundert Kinder in dieser Altersgruppe konnten nach Angaben der Behörden ebenfalls nicht wieder mit ihren Eltern zusammengebracht werden.

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