Mehr als 70 Tote bei Autobomben-Anschlag
Bei dem Autobombenanschlag im Zentrum von Damaskus sind am Donnerstag nach Angaben von Aktivisten mehr als 70 Menschen getötet und Hunderte weitere verletzt worden. Das meldete die oppositionsnahe Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte, deren Angaben von unabhängiger Seite nicht überprüft werden konnten. Die meisten Opfer seien Zivilisten.
Nach Schätzungen der Vereinten Nationen sind in dem blutigen Konflikt insgesamt bereits mindestens 70.000 Menschen ums Leben gekommen.
Zu den Anschlägen bekannte sich zunächst niemand. Die Nationale Syrische Koalition, das größte Oppositionsbündnis, nannte die Urheber der Attacken in einer Erklärung "Terroristen". Alle Aktionen, die gegen Zivilisten gerichtet seien oder die Menschenrechte verletzten, seien kriminelle Handlungen und müssten verurteilt werden - egal wer die Täter seien oder womit die Taten begründet würden.
Schulkinder unter den Toten
Allein durch die Explosion einer Bombe an einer Straßensperre vor dem Gebäude der Baath-Partei im Innenstadtviertel Al-Masraa starben nach Angaben der Menschenrechtsbeobachter 59 Menschen. Das staatliche Fernsehen sprach von 53 Toten. Unter den Opfern seien Schulkinder und 16 Angehörige der Sicherheitskräfte, hieß es. Der Sprengsatz, der in der Umgebung mehrere Autos in Brand setzte, wurde wahrscheinlich von einem Selbstmordattentäter gezündet. Mehrere Menschen wurden durch die heftige Explosion durch die Luft geschleudert und in Stücke gerissen.
Leichte Verletzungen durch Glassplitter erlitt nach Angaben des Nachrichtensenders Al-Arabiya auch Naif Hawatmeh, der Generalsekretär der Demokratischen Front für die Befreiung Palästinas (DFLP).
Zwei weitere Autobomben detonierten neben einer Polizeiwache im Stadtteil Birsa. Nach Informationen der Aktivisten kamen hier mindestens 13 Menschen ums Leben, darunter zehn Soldaten. Auch hier gab es Dutzende von Verletzten. Etliche Bewohner von Birsa verließen das Viertel aus Angst vor weiteren Bomben. Landesweit zählten die Regimegegner bis zum Nachmittag 92 Tote - die Opfer der Autobombenanschläge berücksichtigten sie dabei nicht.
Rebellen am Vormarsch
Der Nachrichtensender Al-Arabiya meldete unter Berufung auf Regimegegner, eine Mörsergranate sei auf dem Gelände des Verteidigungsministeriums eingeschlagen. In den vergangenen Tagen hatte es auch in Vierteln der syrischen Hauptstadt, die bisher vom Bürgerkrieg verschont geblieben waren, Rebellenangriffe gegeben. Allerdings hatte es immer wieder Anschläge gegen Regierungsgebäude in Damaskus gegeben.
Keine Bestätigung gab es für Medienberichte, wonach die syrische Luftabwehr eine israelische Drohne abgeschossen haben soll. Das unbemannte Aufklärungsflugzeug soll nach Angaben arabischer Medien, die der syrischen Regierung nahestehen, an der Grenze zum Libanon unter Beschuss geraten sein. Israel ist über den möglichen Transport hochmoderner Waffen aus Syrien zur Schiiten-Miliz Hisbollah im Südlibanon besorgt. Es gilt deshalb als wahrscheinlich, dass israelische Aufklärungsdrohnen zum Einsatz kommen.
Friedensverhandlungen
Oppositionelle erklärten sich unterdessen bereit, unter der Schirmherrschaft der USA und Russlands über ein Ende des Bürgerkrieges zu verhandeln. Staatschef Bashar al-Assad könne aber unter keinen Umständen Teil einer Friedenslösung sein, hieß es in einem Entwurf für eine Erklärung eines Treffens von Oppositionellen in Kairo. Allerdings wird dem Entwurf zufolge nicht mehr direkt ein Rückzug Assads als Voraussetzung für Verhandlungen gefordert. Assad, die Streitkräfte und der Sicherheitsapparat müssten für Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden, hieß es darin.
Die Initiative geht von dem führenden Oppositionspolitiker Ahmed Muaz Al-Khatib aus, der bei den anfangs friedlichen Protesten gegen Assad eine wichtige Rolle spielte. Auf die Kämpfer in Syrien hat der Geistliche aber wenig Einfluss. Sie sind eher gegen den Vorschlag. Auch die Muslimbrüder, die unter Oppositionellen sehr einflussreich sind, haben sich skeptisch geäußert.
Die humanitäre Notlage in Syrien verschlechtert sich indes weiter. Die Knappheit an Heizmaterialien wie Öl, Gas und Holz in nahezu allen Gebieten treibt die Syrer an den Rand der Verzweiflung: „Sie beginnen im Nordosten selbst nach Erdöl zu graben - und das was sie finden zu verbrennen“, schilderte ein Augenzeuge der APA. Dadurch hätten Krebserkrankungen, insbesondere Leberkrebs, enorm zugenommen.
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