Trump soll Deutsche als "böse" bezeichnet haben

Donald Trump am Mittwoch in Brüssel
Der US-Präsident übte heftige Kritik am deutschen Handelsbilanz-Überschuss. Die Deutschen seien "sehr böse", soll Trump laut einem Medienbericht gesagt haben.

US-Präsident Donald Trump soll bei seinem Treffen mit den EU-Spitzen heftige Kritik am deutschen Handelsbilanz-Überschuss geübt haben. Der Spiegel zitierte Teilnehmer, die Trump mit den Worten wiedergaben: "Die Deutschen sind böse, sehr böse." Die "Süddeutsche Zeitung" hatte ein ähnliches Zitat. Allerdings gab es offiziell keine Bestätigung.

An dem Treffen am Donnerstag hatten zunächst nur EU-Ratspräsident Donald Tusk und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker teilgenommen, später wurde die Runde erweitert. Die Sprecher beider Präsidenten versicherten auf Anfrage, ihnen sei dieses Zitat des US-Präsidenten nicht bekannt.

"Wir werden das stoppen"

Der Spiegel zitierte Trump weiter laut Teilnehmern mit den Worten: "Schauen Sie sich die Millionen von Autos an, die sie in den USA verkaufen. Fürchterlich. Wir werden das stoppen." Ähnliche Aussagen hatte Trump bereits früher öffentlich gemacht, allerdings in weniger drastischen Worten.

Bei dem Treffen soll EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker die Deutschen gegen Trumps Schelte verteidigt haben. Freier Handel nutze allen, sagte der Kommissionschef demnach. Juncker habe sich um einen freundlichen Ton bemüht, sei in der Sache aber hart geblieben.

Der US-Milliardär hat den Exportüberschuss Deutschlands mehrmals kritisiert und bereits in einem "Playboy"-Interview von 1990 Steuern bei der Einfuhr deutscher Autos angeregt.

Zum Besuch von US-Präsident Donald Trump in Brüssel und dem Gipfeltreffen der NATO schreiben am Freitag internationale Zeitungen:

The Times (London):

"Da wäre so manches diplomatisch zu glätten gewesen. Doch der US-Präsident benutzte seine Rede in Brüssel nicht, um den NATO-Grundsatz der kollektiven Verteidigung öffentlich zu bekräftigen. Dabei gab es mit der Enthüllung eines Denkmals für die Terrorangriffe vom 11. September 2001 einen eigens arrangierten symbolischen Akt. Doch die passenden Worte wurden nicht gesprochen. Der Terroranschlag auf die USA war bisher der einzige Fall, bei dem die NATO-Mitglieder Artikel 5 der Charta aktivierten - das Versprechen aller Mitglieder, einem bedrohten Verbündeten gemeinsam zur Hilfe zu kommen. Mehr als 1000 Soldaten aus anderen NATO-Ländern als den USA sind im Kampf gestorben, um die Verpflichtung aus diesem grundlegend wichtigen Artikel zu erfüllen. Trump glaubt schlicht, dass US-Aktionen überzeugender sind als rhetorische Fanfaren. Amerika stationiert in den baltischen Staaten und Polen vier Bataillone, um den östlichen NATO-Mitgliedern angesichts der russischen Aufrüstung zu versichern, dass sie nicht allein gelassen werden. Die westlichen NATO-Verbündeten schicken lediglich zwei. Es sind solche Zahlen und die Bereitschaft, US-Truppen nach Nordosteuropa zu schicken, die das Argument des US-Präsidenten deutlich machen. Er will, dass Europa mehr Verantwortung für seine eigene Sicherheit übernimmt."

Die Welt (Berlin):

Trump ist ein Segen für die NATO. Sein Drängen, sein Nerven und seine Hartnäckigkeit haben dazu geführt, dass sich die Allianz nach jahrelangem Winden endlich mehr im Kampf gegen den internationalen Terrorismus engagiert. Gleichzeitig werden die Mitgliedstaaten ihre Verteidigungsausgaben in den kommenden Jahren deutlich steigern. Es gibt aber noch mehr zu tun. Die NATO muss den Dialog mit Russland intensivieren. Die Alibitreffen von Botschaftern im Rahmen des NATO-Russland-Rates mit dem immer gleichen Geplänkel reichen nicht. Moskau spielt nicht nur an den östlichen Grenzen des Bündnisses eine zentrale Rolle, sondern auch in Syrien, Libyen oder im Irak. Die NATO hat keine überzeugende Russland-Strategie. Aber das Bündnis wird keine Ruhe finden, solange Moskau überall zündelt.

La Vanguardia (Barcelona):

"Wie bei vorherigen Etappen dieser seiner ersten Auslandsreise (Saudi-Arabien, Israel, Vatikan) hat Donald Trump sein bestes Gesicht gezeigt und sich selbst korrigiert. Er hat den Kandidaten Trump richtiggestellt, der den Nordatlantikpakt als "veraltet" bezeichnet hatte. Gestern ist die Organisation ihm sehr lebendig erschienen - Rüffel eingeschlossen. Der Besuch hat zwar nicht alle Differenzen beseitigen können, die Trump von seinen europäischen Alliierten trennt, besonders bei den Themen Russland, Handel, Klimawandel und Verteidigungsausgaben. Aber alles verlief in einer konstruktiven Atmosphäre, die sogar nicht frei von Herzlichkeit war. Das lässt eine fruchtbare Beziehung erwarten."

Rossijskaja Gaseta (Moskau):

"Für Trump war es der erste Gipfel, und er gab zu verstehen, dass er von seinen Forderungen an die Europäer nichts zurücknimmt. Im Pflichtteil seiner Rede streifte Trump auch die "russische Bedrohung" - doch im Unterschied zu seinem Vorgänger Barack Obama führte er das Thema nicht weiter aus. Dafür stürzte er seine Partner in Verlegenheit mit politisch wenig korrekten Erklärungen, dass es Zeit sei, den Zustrom an Migranten zu stoppen. (...) Und wie zu erwarten kam er gleich auf den Punkt, dass die Länder der Allianz ihre Verteidigungsausgaben erhöhen müssen. Dabei nannte er das Ziel von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts ein "absolutes Minimum"."

De Tijd (Brüssel):

"Seine Botschaft, dass die NATO "überholt" sei, wiederholte Trump nicht. Seine Anwesenheit bei der Einweihung des neuen Hauptquartiers der Allianz sendete das entgegengesetzte Signal. Und mit seinem Plädoyer, dass die Europäer die Vereinbarungen über ihren Beitrag zum NATO-Budget einhalten müssen, wiederholt er nur, was bereits sein Vorgänger Barack Obama forderte. Auch was der amerikanische Präsident über den Brexit sagte, ist bemerkenswert. Er äußerte seine Sorge, dass der Weggang Großbritanniens aus der Europäischen Union zum Verlust von Arbeitsplätzen selbst in den Vereinigten Staaten führen könnte. (...) Das genügt jedoch nicht, um plötzlich glücklich über diesen Präsidenten zu sein. Wichtige politische Aufgaben sind noch ungelöst. Das reicht vom reibungslosen Handel, über den Kampf gegen den Klimawandel bis zur Abwehr des kriegslüsternen Russlands sowie echter internationaler Führung - all das geschieht derzeit nicht."

Lidove noviny (Prag):

"Was ist das überhaupt, diese internationale Koalition gegen den IS? Es gibt quasi 68 Mitglieder, denn in Wirklichkeit existieren mehrere solcher Koalitionen. Die USA führen die eine an, der die NATO beitritt, Frankreich eine andere (mit mehr arabischen Staaten) und Russland wieder eine andere (mit Iran, Irak und der syrischen Regierung). Alle kämpfen gegen den IS, aber Damaskus ist für die einen ein Verbündeter, für die anderen ein Feind. Aus Moskau wird daher bald wieder zu hören sein, dass sich die NATO dort einmischt, wo sie nichts zu suchen hat. Wird Trump dann die nun erweiterte Anti-IS-Koalition nach amerikanischen Vorstellungen verteidigen? Das wird der wahre Belastungstest für das Bündnis sein."

Trud (Sofia):

"In den Monaten vor dem Gipfeltreffen in Brüssel stand der erwartete erste direkte Kontakt der NATO-Staaten mit US-Präsident Donald Trump im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit der Beobachter. Die Ereignisse der vergangenen Tage in Manchester prägten aber das Forum in eine ganz andere Richtung. (.) Die Idee (zur Unterstützung der US-angeführten Koalition gegen den IS) stammt gemeinsam von Frankreich und Deutschland, die bereits mit Militärs und Logistik an der Aktion gegen das selbsternannte "Kalifat" teilnehmen. (.) Diese symbolträchtige Geste hat das Ziel, sowohl US-Präsident Donald Trump zu beschwichtigen (.), als auch Solidarität mit dem Aufruf der britischen Premierministerin Theresa May zu demonstrieren."

Frankfurter Rundschau:

Die Staats- und Regierungschefs der NATO-Staaten haben beim Treffen in Brüssel mal wieder eine Chance verpasst, eine nachhaltige Verteidigungsstrategie zu entwickeln. Dabei wäre sie bitter nötig. Schließlich sind beispielsweise europäische Staaten seit einiger Zeit von Konflikten umgeben wie die Ukraine-Krise oder dem syrischen Bürgerkrieg und den damit verbundenen Folgen. Doch statt ernsthaft nach Lösungen zu suchen, setzen sie ihre Symbolpolitik fort - auch, um die tiefen Risse im Bündnis zu kaschieren. Dafür müssen vor allem die europäischen NATO-Mitglieder einen hohen Preis zahlen. Sie kommen US-Präsident Donald Trump sehr entgegen, um ihn milde zu stimmen, damit der Immobilienmilliardär weiter an dem Verteidigungsbündnis festhält und es nicht obsolet findet. Europa kann es sich eben nicht leisten auf den militärischen Schutz der Vereinigten Staaten von Amerika zu verzichten.

Stuttgarter Zeitung:

Die hochsommerlichen Temperaturen haben das Eis nicht schmelzen lassen. Auch nach seinem ersten Besuch in Europa bleibt der US-Präsident für die Europäer ein Fremdkörper. Wer gehofft hatte, dass die persönliche Begegnung eine positive Dynamik in Gang setzen würde, ist enttäuscht. Bei wichtigen Politikbereichen sind die Abgründe, die Trump von der EU trennen, nicht geringer geworden. Für die EU mag die Person Trump letztlich sogar ein Vorteil sein: Er schweißt die EU stärker zusammen. Die Europäer müssen erkennen, wie wenig sie von Amerika erwarten dürfen und wie sehr die Zukunft des Kontinents vom Erfolg der EU abhängig ist.

Le Républicain Lorrain (Metz):

"Vor zwei Monaten ignorierte er (Trump) vor den Kameras die ausgestreckte Hand von Angela Merkel und sorgte damit für Panik bei seinen Mitarbeitern. Gestern war in Brüssel mit dem "fantastischen" und energischen Handschlag, den Emmanuel Macron nicht vergessen dürfte, genau das umgekehrte Schauspiel zu sehen.

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