Durchbrochene Grenze zwischen Belarus und Polen, Schüsse auf Migranten

Symbolbild
Dutzenden Menschen gelang es offenbar, Zäune zu überwinden. Der Propagandakrieg zwischen den Nachbarländern ist in vollem Gang.

Zwei größere Gruppen von Migranten haben auf ihrem erhofften Weg in die EU laut Medien die Grenze von Belarus (Weißrussland) nach Polen durchbrochen. Mehreren Dutzend Menschen sei es gelungen, Zäune zu zerstören, berichtete die polnische Nachrichtenagentur PAP am späten Dienstagabend unter Berufung auf den örtlichen Sender Białystok.

Menschen als Faustpfand: Die Lage an der Grenze zwischen Polen und Belarus

Werkzeug aus Belarus?

Die Migranten hätten verschiedene Arten von Gerät und Werkzeug gehabt, wurde ein Grenzschutzbeamter zitiert. Laut polnischen Behörden erhielten die Menschen dies von der belarussischen Seite. Einige der Migranten seien nach Belarus zurückgebracht worden, andere seien auf freiem Fuß.

"Es war keine ruhige Nacht. In der Tat gab es viele Versuche, die polnische Grenze zu durchbrechen", sagte Polens Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak am Mittwoch dem Sender PR1. "Soweit ich gehört habe, wurden alle, die durchgedrungen sind, gestoppt." 15.000 Soldaten befänden sich im Krisengebiet. Polen überlegt nun, die Grenze zu Belarus völlig zu schließen.

Österreich forderte die EU-Kommission auf, das Land beim Grenzschutz stärker zu unterstützen. Dafür müssten "die nötigen Mittel für die Errichtung eines robusten Grenzzaunes" bereitgestellt werden, sagte Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) der deutschen Tageszeitung Welt. Hilfe bei der Registrierung von Migranten anzubieten, sei "das völlig falsche Signal".

Lukaschenko glaube, die EU erpressen zu können. Das dürfe sich Europa nicht gefallen lassen, so Nehammer. "Österreich wird Polen jedenfalls solidarisch zur Seite stehen. So wie wir die EU-Außengrenze in Griechenland und Litauen gesichert haben, bieten wir auch Polen unsere Unterstützung an."

Propagandakrieg

Polen und Belarus liefern sich unterdessen einen heftigen Propagandakrieg. Polnischen Behörden zufolge haben belarussische Soldaten am Dienstag im Grenzgebiet Schüsse abgegeben, um Migranten einzuschüchtern. Das polnische Verteidigungsministerium veröffentlichte am Mittwoch ein kurzes Video via Twitter. Auf dem knapp sechs Sekunden langen Clip sind ein Schuss und Schreie von Menschen zu hören. Das Ministerium twitterte außerdem, dass es von belarussischer Seite Gewalt gegen Migranten gebe.

Doch auch die Behörden in Minsk erhoben schwere Vorwürfe. Der belarussische Grenzschutz veröffentlichte Bilder mehrerer Menschen, die am Kopf und an den Händen bluteten. Zu sehen waren tiefe Schnittwunden in Handflächen, nachdem Menschen versucht hätten, die von Polen errichteten Stacheldrahtzäune zu überwinden. Gezeigt wurden auch Dutzende Menschen, die in Zelten und an Lagerfeuern ausharrten. Es war zudem ein weinendes Kind zu hören. Belarus wirft den polnischen Sicherheitskräften brutales Vorgehen gegen die Schutzsuchenden vor.

"Letzter Diktator Europas"

Das EU-Mitglied Polen hat Tausende Soldaten an der Grenze stationiert, die einen Durchbruch an den Anlagen mit Stacheldraht verhindern sollen. Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko hatte am Dienstag gefordert, die Menschen durchzulassen. Sie wollten sich nicht in Polen niederlassen, sondern vor allem in Deutschland, sagte er in einem Interview.

Der als „letzter Diktator Europas“ verschriene Politiker steht im Ruf, die Menschen aus Krisenstaaten wie Syrien, Afghanistan, Libyen und Irak gezielt einfliegen zu lassen, um sie dann in Richtung EU-Grenze zu schleusen. Lukaschenko hatte die Anschuldigungen zurückgewiesen und internationale Schleusernetzwerke für die Organisation der Reisen der Menschen verantwortlich gemacht. Er räumte erneut ein, die Migranten auf ihrem Weg in die EU nicht mehr aufzuhalten.

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